„GANZ MEIN GESCHMACK“ – DIE GEWÜRZSOMMELIÈRE INES WIRTH

ODER: PFEFFER IST NICHT GLEICH PFEFFER!

Hast du ein gut sortiertes Gewürzregal? Oder kommst du nur mit Salzstreuer und Pfeffermühle aus? In diesem Fall kann es nur daran liegen, dass du noch nie so richtig in die wunderbare Welt der Gewürze abgetaucht bist… Denn wenn du die verschiedenen Sorten erstmal probiert hast, sämtliche Geschmacksknospen aktiviert wurden, die du nie zuvor gespürt hast, dann wird vermutlich ein kleines Regal gar nicht mehr ausreichen! Doch dazu musst du ja erstmal die Gelegenheit bekommen, zu probieren, dich beraten zu lassen, mit den verschiedenen Geschmacksrichtungen zu experimentieren. Im Supermarkt ist das eher schwierig, klar, aber seit einiger Zeit hat das Sauerland auch eine Gewürzsommelière:

Gewürze wecken Emotionen

Frau Wirth, wir alle nutzen tagtäglich Gewürze, doch kaum Jemand widmet sich ihnen so intensiv wie Sie… Wie kommt es, dass Gewürze eine so große Bedeutung in Ihrem Leben gewinnen konnten?

Mich begeistern in erster Linie die Aromen, die Gerüche und die vielen Kombinationsmöglichkeiten, die Gewürze liefern. So wecken sie Emotionen und Erinnerungen. Wenn ich zum Beispiel an Zimt denke, oder an die Gewürznelke, dann sind das alle Gewürze, die eine wohlig-wärmende, behagliche Note haben… Das erinnert mich an meine Kindheit, an Winter, Weihnachten und Plätzchen-Backen, an Mama und Christstollen, und von daher ist meine Leidenschaft dafür so groß, dass ich mich näher damit auseinandergesetzt habe. Meine Reise nach Indien hat mich dann restlos fasziniert! Dort konnte ich Pfefferrispen aus nächster Nähe sehen, Muskatnuss vom Baum ernten, frische Kurkuma probieren, die von außen fast ein bisschen wie Ingwer aussieht. Dann das bunte Markttreiben, die Vielfalt… Da ich sehr gern fotografiere, habe ich all diese Eindrücke festgehalten und nutze sie jetzt für meine Tastings.

Und wie wird man dann zur Gewürzsommelière?

Man muss durchaus gewisse Grundvoraussetzungen haben. Ich komme aus dem Nahrungsmittel-Bereich; ich habe Fleischereifachverkäuferin gelernt, dann eine Ausbildung zur Ernährungsberaterin und anschließend noch fünf Jahre ein Ayurveda-Studium gemacht, im Bereich Ernährung und Psychologie – als Ayurveda-Köchin habe ich auch einen Abschluss. Da habe ich mich schon ganz explizit mit dem Thema „Gewürze“ beschäftigt. 2018 habe ich dann erfahren, dass es in Deutschland eine Ausbildung zum Gewürzsommelier gibt. Pro Jahr werden da nur zwanzig Sommeliers ausgebildet, also musste ich mich zunächst einmal für einen solchen Ausbildungsplatz bewerben. Dann gab es ein Auswahlverfahren, und ich habe das große Glück gehabt, den Zuschlag zu bekommen… Die Ausbildung findet in Bayern statt, in Kulmbach an der „Genussakademie Bayern“, und so war das von Februar bis Juni 2019 meine zweite Heimat. Dort habe ich verschiedene Ausbildungsblöcke durchlaufen, zuhause habe ich dann gelernt, und im Juni hatten wir dann eine Prüfung. Im theoretischen Teil mussten wir 186 Fragen in drei Stunden beantworten. Da wurde zum Beispiel gefragt, wie Vanille angebaut, geerntet und verarbeitet wird; und eben auch der gesundheitliche Aspekt… Dann konnte ich endlich das Zertifikat in den Händen halten, das im Rahmen einer feierlichen Stunde mit der Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Freistaates Bayern, Michaela Kaniber, überreicht wurde.

Ein Sommelier ist übrigens ein Genussbotschafter für seinen bestimmten Fachbereich, man kennt das vom Wein, für Gewürze ist das weniger bekannt! Der Begriff „Sommelier“ entwickelte sich aus dem provenzalischen Wort „Saumalier“ – ein Lasttiertreiber, der früher dafür verantwortlich war, dass die Ware sicher und in guter Qualität ankommt. Heute ist die Aufgabe von Sommeliers eine ähnliche: In Tastings, Schulungen oder Workshops werden mal informativ und mal unterhaltsam verschiedene Prozesse dargelegt wie Anbau, Ernte, Verarbeitung und Einsatzmöglichkeiten oder auch Kulturgeschichtliches.

Sie erwähnten eben den gesundheitlichen Aspekt. Sind Gewürze also nicht nur dazu da, damit das Essen besser schmeckt?

Sicherlich kann Zimt, Pfeffer und Co. keinen Arztbesuch ersetzen, aber aus alten Erzählungen, pflanzenkundlichen Überlieferungen wie zum Beispiel von Hildegard von Bingen, Sebastian Kneipp oder der TCM und dem Ayurveda wissen wir, dass bestimmte Dinge eine Wirkung auf unseren Körper haben. Da gehören die Gewürze dazu! Wenn ich zum Beispiel Sauerkraut koche, verwende ich hierfür gerne Kümmel, denn Kümmel unterstützt schwer Verdauliches. Majoran bringt nicht nur eine gewisse Aromatik, sondern hilft bei der Fettverdauung. Wenn ich von Gewürzen spreche, sind verschiedene Teilbereiche von Bedeutung. Die klassischen Gewürze wie zum Beispiel Zimt und Kardamom, Gewürzkräuter wie Rosmarin oder der Basilikum, Küchen- und Gartenkräuter, wie Petersilie, und schließlich noch die Wildkräuter, wie Johanniskraut oder Baldrian, die auch hier im Sauerland wachsen. Genau die kann man auch bei meinen Gewürzwanderungen entdecken, die ich demnächst wieder rund um Sundern-Stockum und im Arnsberger Wald anbieten werde. Neben Kräuterwissen gibt es allerlei kulinarische Anekdoten und Geheimnisse der vielfältigen Gewürzkunst aus dem Sauerland und aus fremden Ländern.

Was ist in Ihrem Fall „Ganz mein Geschmack“? Haben Sie ein Lieblingsgewürz?

Aber klar! Da fällt mir als erstes Zimt ein, der mich mit seinem wohlig-wärmenden Aroma in meine Kindheit versetzt. Gerade in dieser unruhigen Zeit, die unsere Nerven auf eine harte Probe stellt, ist es wichtig, positive Erinnerungen wachzuhalten. Ich denke dabei an einen frisch gebackenen Apfel-Zimt-Kuchen, der mir mit seinem Duft sofort ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Wenn Sie mal zum Essen eingeladen sind: Schmecken Sie, welche Gewürze verwendet wurden? Und vielleicht sogar, welche Qualität sie haben?

Ganz eindeutig: Ja! Die Qualität ist ein hoher Anspruch, den ich ja auch an meine eigenen Produkte habe. Kreuzkümmel zum Beispiel bekomme ich gerade kaum in der Qualität, in der ich ihn haben möchte. Vermutlich hängt das unter Anderem mit Klimaveränderungen oder Stressreaktionen auf veränderte Umweltbedingungen zusammen. Die Gründe werden derzeit erforscht. In diesem Zusammenhang zeigt sich, wie wichtig die Qualitätskontrollen unserer Labore sind. Aus diesem Grund gibt es derzeit eine weltweite Kreuzkümmelverknappung. Auch bei weißem Pfeffer: Wenn ich ein hochwertiges Produkt habe, riecht er schön mineralisch-kräuterig. Bei einer schlechteren Qualität empfinde ich es fast schon in Richtung Kuhstall-Duft. Das ist ebenso in einer Gewürzmischung wahrnehmbar! Ich verwende aus diesem Grund in meiner Küche auch nur meine eigenen Produkte, da ich mit Partnern kooperiere, die transparente Anbau- und Lieferketten vorweisen können.

Den Unterschied zwischen Pfeffer und Salz bekomme ich so gerade noch hin – Sie bieten allein zum Thema „Pfeffer“ ein ganzes Tasting an. Verraten Sie mir, was es bei diesem Thema zu entdecken und vor allem zu erschmecken gibt?

Da gibt es eine ganze Menge zu erschmecken! Denn nicht alles, was als Pfeffer bezeichnet wird, ist auch ein Pfeffer. Zum Beispiel die Rosa Beeren, die auch als Schinusbeeren bezeichnet werden, sind die Früchte des brasilianischen Pfefferbaums und haben im botanischen Sinne nichts mit einem Pfeffergewächs gemeinsam. Oder der Cayennepfeffer, das sind ein oder mehrere gemahlene Chilisorten, die miteinander vermischt werden. Außerdem gibt es einen wunderbaren australischen Tasmanischen Bergpfeffer, der von der Aromatik, vom Crunch und Geschmacksempfinden etwas ganz Anderes ist als das, was man hier so kennt! Ich stelle verschiedene Pfeffer und Pseudo-Pfeffer vor, die die Teilnehmer riechen und schmecken können, und natürlich ein paar informative Anekdoten aus dem Reich des Würzens. Die entsprechenden Gewürze bekommen die Teilnehmer vorher zugeschickt, das Tasting findet momentan online statt, aber sobald es wieder möglich ist, werde ich das natürlich auch wieder im persönlichen Kontakt anbieten.

Mein Gewürzregal sollte dringend mal wieder aufgefüllt werden… Worauf sollte ich beim Einkauf achten? Und haben Sie vielleicht Tipps zur richtigen Lagerung?

Ich empfehle, Gewürze im Ganzen zu kaufen, weil sie so eine längere Haltbarkeit aufweisen. Im gemahlenen Zustand verflüchtigen sich mit der Zeit die qualitativ hochwertigen ätherischen Öle. Im Ganzen hält eine Muskatnuss je nach Ernte und Lagerung bis zu drei Jahren. Gemahlene Produkte würde ich nach einem oder spätestens zwei Jahren entsorgen, weil die hochwertigen Inhaltsstoffe kaum noch vorhanden sind. Außerdem sollten sie vor Feuchtigkeit, Wärme und Licht geschützt sein. Es spricht nichts dagegen, auf eine fertige Gewürzmischung zurückzugreifen. Allerdings möchte ich Interessierte dazu ermuntern, einmal selbst Hand anzulegen und eine eigene Gewürzmischungen zu kreieren. Wer in diese Thematik näher einsteigen möchte, sollte sich mit den Themen Food-Pairing und Food-Completing beschäftigen. Food-Pairing bedeutet, dass gleiche Schlüsselaromen von verschiedenen Gewürzen oder Lebensmitteln miteinander kombiniert werden. Food-Completing hingegen bedeutet, eine gewisse Spannung und Tiefe durch unterschiedliche Aromengruppen zu erzeugen. Das gilt im Übrigen nicht nur für Gewürze, sondern auch für andere Lebensmittel. Sie müssen einmal eine Tomate mit Zimt kombinieren, das schmeckt wirklich grandios! Ich habe unterschiedliche Gewürz-Tasting-Boxen zusammengesellt, damit Hobbyköche und die, die es einmal werden wollen, sich an die Kunst des Würzens herantrauen. Die passenden Rezepte für die Einzelgewürze und Gewürzmischungen gibt es auf meiner Homepage. Da wäre zum Beispiel ein Geschenk-Set „Yoga & Spice“ speziell für vegetarische und vegane Rezepte… Oder „Love & Spice“ – denn die Liebe geht bekanntlich durch den Magen – mit Gewürzmischungen speziell für die aphrodisierende Küche. Sicher ein schönes Geschenk für eine Hochzeit oder zum Valentinstag! Wem die Tasting-Sets geschmeckt haben, für den gibt es die Gewürzmischungen im umweltgerechten Aroma-Kraftpapier mit Druckverschluss. Dann kann auch nur die Menge entnommen werden, die wirklich verbraucht wird und alle Aromen bleiben perfekt erhalten.

So, wenn du nun auf den Geschmack gekommen bist, an einem Tasting teilnehmen oder eine professionell zusammengestellte, hochwertige Gewürzmischung probieren möchtest, schau doch mal hier vorbei – guten Appetit:

https://www.ganz-mein-geschmack.de/

Ines Wirth, Am Sonnenstück 4, 59823 Arnsberg-Oeventrop

https://www.instagram.com/ganzmeingeschmack/

https://www.facebook.com/GanzmeinGeschmack/

Die Fotos aus Indien wurden mit freundlicher Unterstützung von Ines Wirth zur Verfügung gestellt, das Foto mit der Staatsministerin stammt von Jesper Hilbig (Riegg & Partner) und Klaus Einwanger (Whiteplate).

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