
ODER: EIN NEUES ZUHAUSE FÜR „LUCY“
Wenn du schon länger mitliest, weißt du, dass es mir absolut wichtig ist, die Orte und Personen, über die ich schreibe, auch jeweils selbst zu besuchen. Nur so kann ich sie dir aus ganzem Herzen und mit gutem Gewissen empfehlen, nur so erfahre ich all die Details, die manchmal das ganz Besondere ausmachen… Aus allseits bekannten Gründen ist das gerade schwierig! In diesem Fall war es aber ebenso unbedenklich wie nötig, auch mal ein Interview aus der Ferne zu führen, denn Steven den Toom hatte ich bereits vor einiger Zeit für einen Artikel persönlich getroffen, und außerdem stand für ihn gerade ein ganz wichtiger und emotionaler Moment an: „Lucy“, mit der er viele lange Stunden verbracht hatte, hat Altastenberg verlassen und ist nach Dortmund umgezogen. Das wollte ich auf keinen Fall verpassen, und du bestimmt auch nicht:
Ich weiß, dass sie ein wunderbares neues Zuhause gefunden hat
Steven, vor einigen Tagen war es mal wieder so weit: Die blonde „Lucy“ hat nach unzähligen gemeinsamen Stunden deine Werkstatt verlassen. Was ist das Besondere an ihr und wie groß war der Trennungsschmerz?
Genau, es fühlt sich an, als ob mein Kind das Geburtshaus verlasst. Ich habe circa 300 Stunden an diese Gitarre gearbeitet und dann ist das nicht so leicht um die los zu lassen. Aber, mit diese Gitarre habe ich unglaublich viel Werbung gemacht und sind viele Leute aufmerksam geworden auf mich und meine Arbeit. Weil sie ja so riesig dekoriert ist. Das war auch das Ziel! Und ich weiß das sie jetzt ein wunderbaren neue Zuhause gefunden hat bei Filip Alilovic. Er liebt diese Gitarre, er schickt mir regelmassig Bildern oder Videos wo er drauf „Lucy“ spielt. Dar freue ich mich immer drauf!
Mit Filip verbindet dich eine längere Freundschaft… Hast du eine Idee: Was wird „Lucy“ in der nächsten Zeit erleben?
Also durch diese Corona-Krise ist alles jetzt ein bisschein anders. Aber wenn die Zeiten wieder besser sind, würde wir wieder ein Video-Projekt machen. Und Filip wird dann „Lucy“ weiter nutzen als seine neue Haupt-Konzert-Instrument.
Lucy ist sehr attraktiv, aber noch wild
Filip, wie bist du auf Steven aufmerksam geworden?
Wir haben uns recht spontan in den sozialen Medien gefunden und kamen auf die Idee, gemeinsam einen Kaffee zu trinken. So fing das eigentlich an. Was daraufhin folgen sollte, konnten wir nicht vorausahnen, und das war auch gar nicht von Anfang an geplant.
Zwölf Jahre hast du auf deiner „alten“ Gitarre gespielt, nun ist „Lucy“ deine neue Begleiterin… Warum hast du dich für eine „Den Toom“-Gitarre entschieden?
Das hat damit zu tun, dass Lucy vom Klang her sehr attraktiv, aber noch wild war. Ich spürte, dass diese Gitarre großes Potential hat und dass sich, sobald ich sie einspielen würde, noch mehr ihr guter Klang herauskristallisieren würde. Ich lag damit mitnichten falsch und Steven gab mir diese Gitarre, damit ich anfange, diese kennenzulernen.
Kannst du deine Beziehung zur Musik und deinem Instrument beschreiben?
Eine Gitarre ist für mich nicht nur Sprachrohr auf meinen Konzerten, wo ich halt mit der Gitarre auftrete, sondern auch Kompositionsinstrument. Das heißt, ich nutze die Gitarre nicht nur zur Komposition von Gitarrenwerken ausschließlich, sondern auch für meine orchestralen/kammermusikalischen Kompositionen. Je mehr Klangfarben das Instrument hat, welches ich nutze, umso besser kann ich Instrumente mir vorstellen über die Gitarre hinweg. Die Gitarre ist unschlagbar darin, ein kleines Orchester de facto zu sein, weil sie halt eben so viel Farben und dynamische Eigenschaften hat. Stevens Instrumente sind in der Szene bekannt dafür, genau das zu bieten, weshalb umso naheliegender ist, warum ich diese Gitarre gerne und rege nutze.
Wie lange spielst du überhaupt schon Gitarre und beherrschst du auch noch andere Instrumente?
Ich beherrsche eine recht hohe Anzahl Instrumente, darunter auch das Violoncello, ein wenig pianistische Kenntnisse habe ich, wie auch anderweitige Instrumentalkenntnisse, aber mein grundlegender Fokus gebührt ausschließlich der Gitarre, wenn es darum geht, auf höchstem Niveau zu spielen.
Du bist außerdem Komponist. Wie bist du dazu gekommen, was sind deine Inspirationen und welche Leute möchtest du mit deiner Musik erreichen?
Ich komponiere seit sehr langer Zeit schon und inspiriert dazu hat mich die Tätigkeit an sich. Ich mag es sehr Musik zusammen zu basteln und einen Ausdruck dahingehend zu haben, der mich, aber auch andere damit erfreut. Meine Inspirationsquellen sind so unterschiedlich und facettenreich wie das Leben selbst. Erreichen möchte ich damit natürlich ein Publikum, welches sich mit der klassischen Gitarre, seriöser E-Musik und allgemein Kunstmusik widmet und schätzt.
Als Musiklehrer gibst du dein Wissen auch weiter. Wie läuft der Unterricht ab, und arbeitest du auch mit Anfängern?
Ich arbeite mit allen Altersstufen und Schwierigkeitsgraden. Ich unterrichte in den Räumen der Musikschule wo ich tätig bin und muss meinen Unterricht immer je nach Alter/Anspruch anpassen und gestalten.
Ein ganz besonderes Projekt war das „Eisenach-Video“ im „Bach-Haus“. Kannst du zum Abschluss noch ein bisschen mehr darüber erzählen?
Es war sehr interessant im Geburtshaus des großen Meisters sein bekanntestes Stück (Toccata und Fuga in D-Moll) aufnehmen zu dürfen. Es hatte dadurch eine sehr große Atmosphäre für mich, dort neben seinen Manuskripten und Instrumenten zu sitzen und zu spielen. Allgemein war das Projekt sehr entspannt und wir hatten alle Riesen-Spaß daran.
Natürlich werden Email-Interviews auch in Zukunft die Ausnahme bleiben, denn der persönliche Eindruck bleibt für mich einfach unersetzlich! Trotzdem finde ich, dass auch eine Ausnahme mal ganz gelungen sein kann – besonders, wenn sie so einen ganz charmanten, niederländischen Akzent sehr viel besser transportieren kann 😉
Die Fotos wurden mit freundlicher Unterstützung zur Verfügung gestellt von:
Filip Alilovic und Steven den Toom
https://www.facebook.com/FilipAlilovicGuitar/
https://www.stevendentoomluthier.com/