
ODER: AUFBRUCH ZU DEN OLYMPISCHEN SPIELEN
Bald ist es wieder so weit: Warst du schon mal beim großen FIS Skisprung Weltcup in Willingen? Bei mir ist das zwar schon ein bisschen her (ich war wohl ungefähr fünfzehn, als ich live miterleben durfte, wie sich Martin Schmitt, Sven Hannawald und Co. die riesige Mühlenkopfschanze hinunterstürzten), aber ich weiß noch genau, wie beeindruckt ich damals vom Mut der Springer war! Sich mit über hundert Stundenkilometern die 140 Meter lange Schanze hinunterstürzen – nicht mal im Traum würde ich daran denken, das zu machen… Als ich letztens über die „Fly High Bags“ schrieb, erinnerte ich mich wieder daran und wollte unbedingt herausfinden, was Menschen dazu befähigt, Skispringer zu werden! Zwar hatte ich nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet ein fünfzehnjähriges Mädchen diese Frage beantworten kann, doch Michelle Göbel aus Willingen macht sich derzeit tatsächlich auf, an den olympischen Jugend-Spielen und als jüngste Teilnehmerin aller Zeiten am Weltcup-Springen in Oberstdorf teilzunehmen:
Vom Schanzentisch abzuheben und zu fliegen, ist atemberaubend!
Michelle, warum ausgerechnet Skispringen?
Angefangen habe ich mit Langlauf, aber da habe ich relativ schnell bemerkt, dass das nichts für mich ist. Ich bin dann zum Skisprung gewechselt, weil ich da schon viele Freunde und Bekannte hatte; da wollte ich das auch mal ausprobieren!
Dieser Sport erfordert Einiges an Mut und ist auch nicht ganz ungefährlich. Vermutlich startet man nicht auf der großen Mühlenkopfschanze, oder? Wie sahen deine ersten Sprung-Versuche aus?
Angefangen habe ich auf einer kleinen Schanze, die mal hier im Auslauf aufgebaut wurde. Dann steigert man sich Stück für Stück auf größere Schanzen. Lange bin ich bei uns auf dem Orenberg auf der 15-Meter-Schanze gesprungen. Jetzt bin ich so weit, dass ich langsam auch Großschanze springen kann. Mein Ziel ist es, dieses Jahr unbedingt auch mal auf der Mühlenkopfschanze zu springen!
Im Sommer kann man ja schlecht Skispringen – jetzt gerade stehst du mitten in der Wettkampfphase. Wie verändert sich dein Trainingsplan im Laufe des Jahres?
Im Sommer trainieren wir mehr auf Kraft. Klar gehen wir auch ab und zu springen, auf einer Matten-Schanze hier in Willingen, aber im Sommer geht´s mehr um Kraft und Athletik. Jetzt im Winter stehen viele Wettkämpfe an, und deswegen fahren wir dann eher zum Springen weg. Ich trainiere fünf bis sechs Mal die Woche, das ganze Jahr über… Wenn mal trainingsfrei ist, mache ich auch zuhause was!
Im Biathlon sind die Frauen inzwischen genauso bekannt wie die Männer, wenn ich da zum Beispiel an Laura Dahlmeier denke; beim Skispringen stehen eher die männlichen Athleten wie Karl Geiger im Fokus. Wie siehst du die Zukunft der deutschen Springerinnen?
Ich finde schon, dass sich das Frauen-Skispringen deutlich weiterentwickelt hat! Wenn man mal nur zwei, drei Jahre zurückdenkt, dann sieht man schon, dass die Entwicklung gut verläuft. Gerade erst habe ich gehört, dass wir nächstes oder übernächstes Jahr auch bei der Vierschanzen-Tournee mitspringen dürfen. Auch daran sieht man, dass die Entwicklung ihren Lauf nimmt, und das finde ich sehr schön!
Wenn ich an die nächste Zeit denke, dann weiß ich gar nicht was spektakulärer ist: Übermorgen fährst du zu den olympischen Jugend-Winterspielen nach Lausanne, fliegst anschließend zu einem Wettkampf nach Norwegen und wirst dann fast ohne Pause als jüngste Teilnehmerin aller Zeiten am Weltcupspringen in Oberstdorf teilnehmen. Was geht dir durch den Kopf, wenn du an die nächsten drei Wochen denkst?
Ich bin total glücklich, dass ich in Lausanne dabei sein darf! Und auch, dass ich einen Weltcup-Start bekommen habe, ist unglaublich… Damit hätte ich letztes Jahr niemals gerechnet! Deswegen bin ich einfach nur überglücklich und schaue, was kommt.
Du bist ja gerade erst 15 Jahre alt, hast bestimmt auch einiges für die Schule zu erledigen und möchtest sicherlich auch mal Freunde treffen. Wie kannst du das alles miteinander vereinbaren?
Für die Freunde ist jetzt gerade im Winter nicht viel Zeit, da geht´s mehr um Schule und Sport. Aber das verstehen die auch… Ansonsten werde ich von der Schule sehr stark unterstützt; die nehmen sehr viel Rücksicht darauf, dass ich meinen Sport machen kann. Das Upland Gymnasium ist ja auch eine Elite-Schule des Sports, daher funktioniert das alles ganz gut. Und ich nehme ja auch Schulbücher mit, wenn ich jetzt die drei Wochen weg bin…
Wir treffen uns hier an der Mühlenkopfschanze, und ich bin auch bei meinem zweiten Besuch hier wieder erstaunt, wie riesig so eine Schanze ist… Wenn du da oben auf dem Startbalken sitzt, was geht dir da durch den Kopf? Und der Weg nach unten – wie fühlt sich das an?
Das fühlt sich ganz überwältigend an, weil man erstmal nur die Kuppe von der Schanze sieht und man eigentlich ins Leere reinspringt… Man weiß nicht, was da kommt. Aber dieses Gefühl, nach dem Schanzentisch einfach abzuheben und zu fliegen, ist wirklich atemberaubend! Eigentlich sollte das jeder mal erlebt haben.
Wenn ich richtig informiert bin, ist aus einem deiner Anzüge auch schon eine „Fly High Bag“ geworden!? Was hältst du von der Idee, aus Skisprunganzügen Taschen herzustellen?
Finde ich total cool, weil viele Anzüge, vor allem die maßgefertigten, gar nicht mehr gesprungen werden. Daher ist es super, dass sie aufgepeppt werden, was Neues draus gemacht wird, das ist eine tolle Idee! Und so habe ich nun auch meine Tasche aus meinem eigenen Anzug…
Ich habe diese Frage inzwischen schon vielen Interviewpartnern gestellt, aber da du mit Abstand die jüngste davon bist, hoffe ich mal auf eine ganz neue Antwort: Hast du einen Geheimtipp für einen Ausflug ins Sauerland?
Klar, die Mühlenkopfschanze ist auch als Ausflugsziel ein totales Highlight, besonders zum Weltcup! Leider kann ich dieses Jahr nicht dabei sein, weil ich selbst einen Wettkampf habe… Aber auch sonst gibt es viele verschiedene Sachen, die man hier entdecken und ausprobieren kann. Das Sauerland, und besonders Willingen, ist immer eine Reise wert!
Auch mein zweiter Besuch an der Mühlenkopfschanze hat mich wieder tief beeindruckt! Als ich mit 15 das erste Mal an der Schanze war und Sven Hannawald zugejubelt habe, war mir schon klar, dass ich niemals von dieser Schanze springen würde. Umso mehr hat mich Michelle begeistert, die sich mit 15 nicht einfach in den Zuschauerraum stellt, sondern selber darauf zufliegt. Ich drücke Michelle ganz fest die Daumen, besonders für die nächsten drei Wochen! Wenn auch du erfahren möchtest, wie es bei Michelle weitergeht und was sie bei ihren Wettkämpfen alles erlebt, schau doch mal auf Instagram rein:
https://www.instagram.com/michelle._goebel/
Die Wettkampf-Fotos wurden mit freundlicher Unterstützung zur Verfügung gestellt von: Michelle Göbel
Weitere Infos zum Weltcup: https://www.weltcup-willingen.de/startseite
Wir waren schon oft in Willingen an der Schanze und Michelle kennen wir von der Nordwestdeutschen Mattenschanzentour (Wettkampf-Tour im Sommer, unter anderem auch in Meinerzhagen, wäre doch mal ein Bericht wert?). Tolles Mädel 🙂
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Unbedingt, danke für den Hinweis! 🙂
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