
ODER: JEAN-MARC BIRKHOLZ ZEIGT SEINER VALENTINA DAS SAUERLAND
Es hat fast schon ein bisschen was von Hollywood im Sauerland, wenn Jean-Marc Birkholz und seine Frau Valentina Gartsuyeva einen Ausflug zum Hennesee machen… Eigentlich stehen beide das ganze Jahr über auf der großen Bühne: er als „Winnetou“ beim Elspe Festival, sie in den unterschiedlichsten Rollen am Janka-Kupala-Nationaltheater in Minsk. Zwischendurch stehen sie vor der Film- und Fernsehkamera, moderieren, sind auf roten Teppichen unterwegs… Und nun sitzen sie auf der Terrasse vom „H1 am See“, genießen die Aussicht, geben ganz entspannt ein Interview – tatsächlich auch eine einmalige Gelegenheit, wie sich schnell herausstellt:
„Ich versuche, ihr hier Urlaubsgefühle zu verschaffen“
Jean-Marc, es ist nun fast ein Jahr her, dass wir uns das letzte Mal hier im Sauerland getroffen haben. Was waren deine persönlichen Highlights in den letzten zwölf Monaten?
Im letzten Herbst bin ich von Köln nach Minsk gezogen, um dort mit meiner Frau zusammenzuleben. Ich habe zwar noch eine Wohnung in Berlin, aber ich versuche natürlich, die meiste Zeit bei meiner Frau zu sein, in unserer gemeinsamen Wohnung in Minsk. Dieser Wechsel von Deutschland nach Weißrussland – das ist eigentlich das größte Highlight für mich in dieser Zeit gewesen!
Aktuell bist du natürlich nicht zufällig zurück im Sauerland, sondern spielst gerade wieder den Winnetou in „Winnetou III – Winnetous letzter Kampf“. Ich verrate ja wahrscheinlich kein Geheimnis, wenn ich sage, dass unser Held im dritten Teil sterben wird. Wie sind die Reaktionen in Elspe?
Viele Zuschauer sind tatsächlich zu Tränen gerührt. Teilweise kommen auch Männer nach der Vorstellung zu mir und sagen, dass sie ein Tränchen verdrückt haben, obwohl es ihnen peinlich ist. Das geht aber vielen so, ist halt ein emotionales Stück.
Im letzten Jahr hast du erzählt, dass du in Russland in einer Serie über Tschernobyl mitspielen wirst. Nicht zuletzt durch die erfolgreiche amerikanische Serie wurde ja auch hier wieder viel über das Thema geredet. Aus welcher Perspektive ist die russische Serie und besteht eine Chance, dass man ihn auch hier in Deutschland mal sehen kann?
Die HBO-Serie läuft wirklich sehr erfolgreich… Der russische Sender „NTV“ macht aber sein eigenes Ding. Klar haben die sich die amerikanische Serie angeschaut, aber auch sehr kritisch betrachtet. Teilweise wurden Menschen mit Waffengewalt zu bestimmten Handlungen gezwungen, was so in Wirklichkeit nicht geschehen sein soll. Die Serie, in der ich spiele, versucht, das ein bisschen realistischer darzustellen. Wahrscheinlich liegt die Wahrheit am Ende irgendwo dazwischen… Das wird jetzt demnächst erscheinen, die Postproduktion ist gerade beendet. Ich weiß noch nicht, wann, aber es wird auf „NTV“ laufen, einem der größten russischen Sender. Und wenn man sich das mal auf der Karte anschaut, den russischsprachigen Raum mit allen angrenzenden Ländern, in dem das ausgestrahlt wird, ist das schon gigantisch. Klar ist es schade für meine deutschen Fans, dass diese Produktionen hier selten laufen. Meine Freunde und Familie fragen auch immer danach. Aber vielleicht kann man das irgendwann mal auf „YouTube“ sehen.
Mit Minsk und Weißrussland verbindet dich ja nicht nur die Arbeit, sondern auch die Liebe. Deine Frau Valentina Gartsuyeva ist heute auch mit dabei. Wie habt ihr euch kennengelernt?
Das erste Mal haben wir uns 2012 gesehen, bei einem Filmdreh. „Smersh“; es ging um Spione im Zweiten Weltkrieg, und sie war Teil meiner Spionage-Gruppe. Wir fanden uns zwar interessant, aber mehr als eine Unterhaltung unter Kollegen war da nicht. Wir saßen mal vor einem Wohnwagen, kamen gerade aus der Maske… Sie war sehr schüchtern, hat mich kaum angeschaut, und da will man natürlich auch nicht aufdringlich sein. Dann war der Kontakt erstmal weg, außer einmal im Jahr über Facebook zum Geburtstag gratulieren. 2017 haben wir wieder zusammen gedreht. Ich habe in „Sniper – Officer Smersh“ die deutsche Hauptrolle gespielt. Sie war eine russische Soldatin, die von mir erschossen wurde. Für diesen Part hat sie in Belarus übrigens den Filmpreis für die beste Nebenrolle gewonnen. Da haben wir uns jedenfalls wiedergesehen, und es hat sofort gefunkt! Obwohl ich sie erschossen habe, aber vielleicht war ja Amors Pfeil in der Patrone versteckt…
Valentina, wie ist dein Eindruck vom Sauerland?
[aus dem Englischen übersetzt] Zuallererst einmal liebe ich diese wunderschöne Natur! Ich komme aus der Stadt, ich bin in Minsk aufgewachsen, und da ist es sehr wichtig für mich, Natur zu erleben. Natürlich mag ich es auch in Weißrussland, aber der große Unterschied ist, dass in meinem Land alles flach ist, vielleicht mal ein paar Hügel, und hier sind diese wunderbaren Berge. Wenn ich mich umschaue, sehe ich jedes Mal etwas Grünes, das ist sehr wichtig für die Seele. Ich fühle mich hier wie im Himmel, das sind nicht bloß Worte… Es ist so wunderbar, meine Seele hier zur Ruhe kommen zu lassen. Die Schönheit der Berge, der Bäume, Seen und Tiere, großartig! Ich bin jetzt schon zum zweiten Mal hier und habe mich sehr auf den Besuch gefreut.
Als dir Jean-Marc zum ersten Mal erzählt hat, dass er jedes Jahr auf einer Naturbühne einen Indianerhäuptling spielt, und das in Deutschland eine große Nummer ist, dachtest du da, er will dich veralbern?
[aus dem Englischen übersetzt] Natürlich habe ich ihm jedes Wort geglaubt, aber ich hatte absolut keine Vorstellung, worüber er da redet. Ich konnte es einfach nicht verstehen, bevor ich es selbst gesehen habe. In Weißrussland gibt es nicht so einen Helden wie „Winnetou“. Das ist ein sehr starker Charakter, ein Vorbild, ein Held für viele Menschen hier. Das gibt es so in meinem Land nicht. Wir haben zwar auch Shows, die Open-Air stattfinden, aber eine so große Naturbühne gibt es bei uns nicht.
Wir sind ja schon mitten in der Sprachverwirrung. Was ist bei euch zuhause „Amtssprache“?
Das Englisch, das wir beherrschen, das ist unsere „Amtssprache“. Ich kann zwar einkaufen gehen und die wichtigsten Dinge auf Russisch sagen, aber es ist eigentlich beschämend, dass ich es immer noch nicht wirklich spreche. Ich dränge Valentina auch dazu, mir Russisch beizubringen, sie wiederum will mich dann aber nicht beschämen, und dann ist das eben schnell auf Englisch gesagt. Bei ganz tiefen Gefühlen ist das natürlich schwer, die kann man am besten in der eigenen Sprache ausdrücken. Wir arbeiten ja beide mit Sprache, sind in unseren Sprachen zuhause, so können wir Gefühle natürlich sehr gut umschreiben. Manchmal wäre es trotzdem schön, wenn man es direkt ausdrücken könnte, daher will ich unbedingt noch besser Russisch lernen, und Valentina Deutsch. Ich hoffe, dass wir unseren inneren Schweinehund besiegen, und das endlich in Angriff nehmen!
Valentina ist noch ein paar Tage hier. Was wollt ihr euch in den nächsten Tagen noch anschauen?
Eigentlich ist das noch ein Geheimnis, aber da hat es ja doch mal einen Vorteil, dass Valentina nicht alles versteht. Ich möchte sie überraschen: Wir fahren zur Alpaka-Farm Inti nach Kierspe, weil sie diese Tiere über alles liebt. Wir machen einen kleinen Ausflug mit den Alpakas und picknicken dann mit ihnen. Das wird ein Highlight, da bin ich sicher! Das werden wir auch genießen, denn das Nationaltheater in Minsk, an dem Valentina erste Schauspielerin ist, macht nur ein Mal im Jahr Urlaub, und zwar im August, wenn ich in Elspe auf der Bühne stehe, ansonsten arbeiten sie das ganze Jahr durch. Wir haben also nie die Möglichkeit, in ihrer Urlaubszeit zum Beispiel mal gemeinsam ans Meer zu fahren, und das ist wirklich schade. Daher versuche ich, ihr hier so viel Urlaubsgefühle wie möglich zu bereiten. Das Sauerland bietet da ja zum Glück wirklich viel… Aber auch die Loreley werden wir uns noch anschauen, weil die in Weißrussland sehr populär ist. Valentinas Vater singt mir jedes Mal „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin…“ vor, das haben sie damals in der Schule gelernt. Wenn wir dann vor der Loreley stehen, werden wir an den Papa in Weißrussland denken…
Bis zum 15. September steht Jean-Marc noch in Elspe auf der Bühne – vielleicht freust du dich ja genauso wie ich über ein Wiedersehen!?
Die Redakteurin Ilka Trudewind von der „Westfalenpost“ hat uns zum Treffen am Hennesee begleitet und mir die Fotos zur Verfügung gestellt, auf denen auch ich zu sehen bin. Lieben Dank, Ilka!
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