
ODER: VON RITTERN UND SCHNEEKÖNIGINNEN…
Die Burg Altena, eine der schönsten Höhenburgen Deutschlands… Vor über 800 Jahren lebten hier die Grafen von der Mark (wir erinnern uns an den letzten Beitrag und die Schlacht von Worringen!?), echte Ritter gingen – oder ritten – hier ein und aus. Vor 104 Jahren wurde in den alten Gemäuern die weltweit erste Jugendherberge eröffnet; seitdem wird die Burg von Kindern und Jugendlichen „belagert“, die in authentischer Mittelalter-Atmosphäre mehr über die Lebensgewohnheiten dieser Zeit erfahren möchten. Gelegenheit bietet sich auch wirklich reichlich, zieht sich doch durch einen großen Teil der Burg heute ein Museum, das Exponate aus den unterschiedlichsten Themenbereichen der damaligen Welt zeigt. Auch ich gehörte zu diesen Kindern, als ich in der 2. Klasse zu meiner allerersten Klassenfahrt überhaupt aufbrach – damals noch mit einer gehörigen Portion Heimweh. Ich hatte wohl noch nicht verstanden, dass Altena auch zu meiner Heimat, dem Sauerland, gehört. Das ist inzwischen 24 Jahre her; dringend Zeit also, meine Erinnerungen wiederaufzufrischen. Noch dazu, wenn mich dort außer Rittern auch noch ganz andere zauberhafte Wesen begrüßen. So geschehen beim „Winter-Spektakulum“, einem weihnachtlichen Mittelaltermarkt oder einem mittelalterlichen Weihnachtsmarkt, ganz wie du magst…
Altena
Ankunft an der Lennepromenade. Staunen. Großzügig, modern und städtisch – so erscheint die neue Flaniermeile, von der aus du einen wunderbaren Ausblick auf die Lenne und die sich den Berg hinaufschlängelnden Häuser hast.
Und eben auf die Burg. Denn die thront aus ehemals strategischen Gründen hoch oben auf einem emporragendem Felsen des Klusenberges über den Dächern der Stadt.
Kaum habe ich mich von diesem majestätischen Anblick gelöst, steht eine ganz bodenständige Entscheidung an: Wie komme ich da hoch? Trotz meiner weithin bekannten Unsportlichkeit entschließe ich mich natürlich nicht für den 2014 eröffneten Erlebnisaufzug, der den Besucher in 35 Sekunden direkt in die Burg bringt, sondern mache mich ganz mittelaltergerecht „per pedes“ (falls du das Wort nicht kennst, denk mal an Pediküre oder Pedalen…) auf den Weg. Obwohl der Aufstieg deutlich länger als eine halbe Minute dauerte, war er doch aufgrund der charmanten, verwinkelten Gassen und der immer atemberaubender anmutenden Aussicht sehr kurzweilig.
Atmosphäre
Vom Eingangstor führt der Weg weiter steil nach oben in den unteren Burghof. Unmittelbar beschleicht mich das Gefühl, die Burg hätte mich mit ihren dicken, umschließenden Mauern ganz einfach verschluckt und in eine andere Welt katapultiert.
Es riecht plötzlich ganz anders, irgendwie nach Weihnachten, aber auch nach ganz anderen unbekannten Köstlichkeiten. Die ertönenden Melodien entstammen Dudelsack, Laute, Harfe, Flöte und Schalmei – klingt ganz zauberhaft. Und auch das Auge weiß vor allerhand märchenhafter Gestalten und stimmungsvoller Lichter gar nicht, wohin es als erstes schauen soll.
Doch auch der weihnachtsmarktliche Aspekt des „Winter-Spektakulums“ kam trotz 10 Grad Außentemperatur nicht zu kurz. Im oberen Burghof schnitzte ein Eiskünstler Skulpturen, Tannenbäume säumten den Weg, handgefertigte Produkte wurden angeboten und neben mittelalterlichen Getränken schmeckte auch der Glühwein sehr gut.
Da ich aber noch wusste, dass das Museum rund um den Burghof sehr beeindruckend ist, und es ebenfalls während der Veranstaltung geöffnet war, schlüpfte ich kurzerhand durch die schwere Holztür. Im Unterschied zu draußen waren hier nicht mehr sehr viele Besucher – was die Burgatmosphäre noch authentischer machte.
Wenn ich jetzt erzählen würde, dass ich mich manchmal fast schon ein bisschen gegruselt habe, weil ich hinter jeder Ecke einen echten Ritter vermutete, wäre das wohl peinlich… Also, was gibt´s zu sehen? Authentische Gegenstände aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen der mittelalterlichen Welt. Natürlich alles im Zusammenhang mit Altena, der Burg und den Grafen von der Mark.
Mein absolutes Highlight war ein Raum, in dem allerhand mittelalterliche Sprichwörter am Objekt erklärt werden. Unter die Haube kommen oder durchschlagender Erfolg – unglaublich, wie viele wir davon noch nutzen!
Jeweils wechselnde Sonderausstellungen bieten aber auch Eindrücke zur jüngeren Vergangenheit. Bis Mai läuft noch „Rauf aufs Rad! Von der Laufmaschine zum E-Bike“.
Trotz der interessanten Exponate ist es aber auch hier wieder die Atmosphäre, die besonders beeindruckend ist. Die verwinkelte Bauweise führt dich in den Turm und auf den Außenbalkon und macht fast schon den Eindruck, als würdest du durch Geheimgänge laufen. In jedem Fall einen Besuch wert, auch wenn gerade kein „Winter-Spektakulum“ ist!
Akteure
Das Wort „Spectaculum“ entstammt DER Sprache des Mittelalters – Latein – und bedeutet „Schauspiel“. Und genau das ist es auch, was dem Besucher in der oben beschriebenen Atmosphäre geboten wird. Die Akteure sehen nämlich nicht nur so aus, als würden sie in eine ganz andere Zeit gehören, sie verhalten sich auch so.
„Bruder Goswin“, der mich im eigens für das „Winter-Spektakulum“ eingerichteten „Scriptorium“ begrüßte, schrieb meinen Weihnachts-Wunschzettel (und allerhand andere originelle Schriftstücke in wohlgeformten Worten) in alten Lettern mit der Feder nieder. Dazu schenkte er mir sogar einen Tannenzweig, damit die Rentiere des Weihnachtsmannes die kleine Schriftrolle auch finden, wenn ich sie am Abend des 05.12. nach draußen lege…
Nicht ganz so geduldig wie „Bruder Goswin“ war die „Schneekönigin“, die wunderschön aussah, aber trotz ihrer hohen Stelzen ganz schon schnell unterwegs war…
Als sie dann aber von „Chapeau Claque Rouge“ zum Tanz auf dem Burghof aufgefordert wurde, konnte ich sie in all ihrer Pracht bestaunen.
Fazit: Ein einzigartiges Ereignis in einzigartiger Kulisse!
Du kannst das Gleiche und zahlreiche andere Walking-Acts, Konzerte, Feuertheateraufführungen, die Alpakas der „Alpaka-Farm Inti“ und Mitmachaktionen heute noch bis 18:00 Uhr erleben – ich kann´s dir nur empfehlen. Der Eintritt ins „Winter-Spektakulum“ beträgt 2 Euro (Museum inklusive).
PS: Den Rückweg trat ich exakt so an, wie ich hergekommen war. Dabei machte ich noch eine wichtige Erkenntnis: Es war gar nicht die Aussicht, die mir den Atem geraubt hatte…