
ODER: SONNIGE GRÜSSE AUS DOWN UNDER!
Ich zieh´ doch nicht ans andere Ende der Welt – beruhigende Worte beim Aufbruch, und auf die meisten Sauerländer, die ihre Heimat verlassen, trifft das ja auch zu. Nicht aber bei Simone Davidson! Aufgewachsen in Bestwig zog es sie zunächst ins Ruhrgebiet (ist ja gefühlt auch schon eine andere Welt!); nachdem sie aber von einer Backpacking-Reise aus Neuseeland zurückkehrte, nahm die Geschichte mit dem Fernweh ihren Lauf… Heute lebt sie tatsächlich am anderen Ende der Welt, nämlich an der „Sunshine Coast“ in Australien. Genau richtig für die Serie „Goodbye Sauerland“, denn ich hatte dir ja eine ordentliche Portion Sonne versprochen:
Die Natur Australiens fasziniert mich total
Simone, Anfang Februar hast du mit deiner Familie Jahrestag gefeiert: Acht Jahre Australien. Was hat euch damals dazu bewogen, ans andere Ende der Welt zu ziehen?
Tatsächlich hat alles mit meiner Backpacking-Zeit in Neuseeland begonnen. Dort habe ich meinen Mann kennengelernt, und das Fernweh war geweckt. Wir haben dann auch noch sechseinhalb Jahre im Sauerland gelebt, zwei Kinder bekommen. Es war eine tolle Zeit mit der Familie, aber uns war immer klar, dass wir langfristig im Ausland leben wollten. Neuseeland oder Australien… Es war auch gar nicht so leicht, ein Visum zu bekommen; das hat eineinhalb Jahre gedauert und ist auch in der letzten Zeit immer schwieriger und teurer geworden. Als wir das dann endlich hatten, haben wir im Januar 2013 – im tiefsten Sauerländer Winter – unsere Container gepackt.

Bei minus zehn Grad sind wir losgeflogen, bei 40 Grad in Perth gelandet; in Australien war gerade Hochsommer. Das war schon ein kleiner Klimaschock! Wir haben dann ein Jahr in Perth gelebt, seit 2014 wohnen wir nun an der „Sunshine Coast“, einer Küstenregion im Bundesstaat Queensland.





Ich muss schon sagen, dass jede Menge Abenteuerlust dazu gehörte: Wir hatten keine Jobs, kein Haus, kannten Niemanden… Da muss man schon etwas verrückt sein!

Sonne und Strand – danach sehnen wir uns alle hier… Kannst du uns von euren schönsten Australien-Momenten erzählen, damit wir etwas träumen können?
Kängurus in freier Wildbahn zu sehen, ist tatsächlich so toll, wie man sich das so vorstellt… Ich kenne ein paar Stellen, wo sie grasen – da sieht man garantiert welche! Bei den Koalas ist das schon schwieriger; die lassen sich seltener sehen, aber auch das habe ich schon geschafft!

Überhaupt fasziniert mich die ganze Natur Australiens total: Die Buckelwale schwimmen die Küste hoch, bekommen ihre Babys, und schwimmen dann wieder zurück. Der schönste Ort für solche Beobachtungen ist die „Stradbroke Island“ vor Brisbane. Weil es eine Insel ist, ist die Natur hier noch mal multipliziert… Delfine springen aus den Wellen, Kängurus hüpfen dir fast vor´s Auto, wenn du nicht aufpasst, und Koalas sind wirklich überall.





Dann die Wasserfälle und Strände… Man könnte Jahre verbringen, in denen man täglich einen anderen Strand in Australien besucht. Und das ist hier nicht so überlaufen, wie man das vielleicht vom Urlaub kennt; es sind nur ein paar Leute da, und wir brauchen keine fünf Minuten von unserem Haus dorthin.







Ein ganz besonders schöner Australien-Moment war natürlich auch die Geburt unserer dritten Tochter, die hier zur Welt gekommen ist. Alles etwas anders als in Deutschland, aber total schön!

Auch wenn es so traumhaft aussieht – für euch ist das ja kein Urlaub! Wie sieht der typische Arbeits- und Schulalltag aus?
Mein Mann verlässt meist schon vor sieben Uhr das Haus. Er hat – inspiriert durch die Spielplätze in Deutschland – hier eine „Nature-Playground-Firma“ gegründet; plant und baut also Spielplätze mit viel Holz und Wasserspielen, meistens für Schulen und Kindergärten, aber auch privat…

Ich stehe mit den Kindern gegen halb sieben auf, Frühstück, Tasche packen, zur Schule bringen; die Schule beginnt um viertel vor neun. Im letzten Jahr habe ich mich dann meiner Ausbildung gewidmet, weil in Australien ausländische Abschlüsse selten anerkannt werden; ich bin dann in der Zeit zum Campus gefahren, habe mich auf meine Prüfungen vorbereitet, Hausarbeiten geschrieben. Damit bin ich gerade fertig geworden; warte zwar noch auf mein Zertifikat, aber habe schon einen neuen Job angefangen.

Um drei hole ich die Kinder von der Schule ab; häufig ist dann noch Ballett, Schwimmen oder Akrobatik angesagt. In Australien machen die Kids superviel Sport, es gibt eine Menge Vereine und Angebote. Und dann geht´s auch früh ins Bett, denn im Sommer, also im Januar und Februar, wird es schon um halb acht dunkel; dafür ist es aber auch um halb fünf schon wieder hell. Um ehrlich zu sein, ist der Sommer in Australien echt unangenehm, so blöd das auch klingt; es ist einfach sehr, sehr heiß und schwül! Jetzt ist es Herbst, das Klima wieder angenehmer – da können wir wieder besser schlafen!

Also, in der Woche ist der Alltag geprägt von Schule, Studieren, Arbeit und Sport; am Wochenende ist dann Familienzeit: Picknick oder Barbecue; die meiste Zeit sind wir draußen. Überhaupt gibt es in Australien kaum Anlässe, zu denen man sich drinnen trifft, das sind wir gar nicht mehr gewohnt. Hier geht man in den Park, an den Fluss oder an den Strand!



Glücklicherweise ist deine neue Heimat verhältnismäßig gut durch die Pandemie gekommen. Wie habt ihr das letzte Jahr erlebt?
Wir hatten letztes Jahr zehn Wochen Lockdown, da war wirklich alles zu außer Supermärkten und Apotheken; da gab es auch Homeschooling, was mit drei Kindern in unterschiedlichen Jahrgängen nicht ganz einfach war! Auch jetzt sind die Vorschriften immer noch sehr streng: Es gab gerade erst einen Ausbruch in Brisbane, und der ganze Bundesstaat Queensland – sieben Mal so groß wie Großbritannien – hat direkt den Lockdown und die Maskenpflicht bekommen. Wegen zehn Fällen, obwohl das eine Autostunde von hier entfernt ist… Also, hier wird auf jeden Fall direkt reagiert!



Natürlich ist das hier auch etwas anders, weil Australien im Gegensatz zu Deutschland keine Grenzen hat. Man kommt einfach nicht rein, und auch schlecht raus. Wenn ich gerade nach Deutschland fliegen würde, bräuchte ich eine Genehmigung und wüsste nicht, ob ich dann überhaupt zurückkäme. Es gibt wenige Flüge, und wenn man es doch geschafft hat, wird man mit einem Bus direkt vom Flugzeug abgeholt und in ein Quarantäne-Hotel gebracht. Das Hotelzimmer darf man dann vierzehn Tage nicht verlassen, bekommt das Essen für die Tür gestellt. Und das bei Kosten von ca. 2.800 Dollar – da überlegt man schon, ob man das riskieren möchte! Mit den Impfungen haben wir gerade erst begonnen; es sind ca. 600.000 Menschen geimpft. Ich hoffe, dass das gut weiterverläuft, und ich dann irgendwann auch endlich mal meine Familie besuchen kann!

Eigentlich war ich mir ja sicher: Einmal Sauerländer – immer Sauerländer! Steckt auch noch ein Stück Sauerland in dir?
Na klar! Neben meiner Familie habe ich auch noch ganz, ganz tolle Freunde im Sauerland, die ich total vermisse. Ich schätze das Sauerland sehr; es kann so schön dort sein… Der Frühling, die Blumen; in Australien hat Ostern zum Beispiel gar keine große Bedeutung. Auch auf den vielen Schnee, der kürzlich bei euch lag, war ich schon ein bisschen neidisch! Aber es ist ja immer so, dass man das haben möchte, was man gerade nicht haben kann… Ich war nie so wirklich der Schützenfest-Gänger, aber Sauerländer im Herzen – ja, das bin ich!

Die Australier halten auch gerne mal Smalltalk, fragen, woher aus Deutschland ich komme. Klar, das Sauerland kennt man hier nicht, meine Beschreibung „bergige Landschaft mit Dörfern“ klingt zugegebenermaßen auch nicht wirklich attraktiv… Aber wenn die Australier überhaupt mal nach Deutschland reisen – eine Reise nach Europa ist sehr teuer, während Bali und Fidschi quasi direkt vor der Tür liegen –, dann geht´s immer nur nach München. Die finden es sogar komisch, dass ich noch nie auf dem Oktoberfest war, weil sie denken, dass jeder Deutsche dahin geht.

Worauf freust du dich bei deinem nächsten Heimaturlaub am meisten?
Matschbrötchen, Mettbrötchen, überhaupt Brötchen und knackiges Brot, das vermisse ich sehr. Und dann unbedingt einen Tag im „Fort Fun“ verbringen, das macht so viel Spaß. Eigentlich wollten wir auch letztes Jahr nach Deutschland fliegen und uns die Schlösser und Burgen anschauen, denn solche historischen Gebäude gibt es hier nicht. Das hat nun leider nicht geklappt, aber das werden wir auf jeden Fall nachholen!




Ja, man will immer das haben, was man gerade nicht haben kann! Wenn das bei dir die australische Sonne ist und dieser kleine „Kurztrip“ noch nicht gereicht hat, schau doch mal hier vorbei, bis du selbst die Welt wieder bereisen kannst:
https://www.instagram.com/simi_in_australia/
Die Fotos wurden mit freundlicher Unterstützung von Simone Davidson zur Verfügung gestellt.