
ODER: ATTENDORN DURCH HETTWICH IHRE BRILLE…
Heute musst du den Blogpost wirklich mal ganz aufmerksam bis zum Ende lesen! Denn meine Interviewpartnerin hatte fast zehn Monate komplett Sendepause. Kein Wort, kein flotter Spruch, nicht einmal ein Bummel durch die Stadt… Nein, „Hettwich vom Himmelsberg“ hat kein Schweigegelübde abgelegt, die Kabarettistin Anja Geuecke hatte einfach aus bekannten Gründen keine Gelegenheit, in die Rolle ihres „Alter Ego“ zu schlüpfen. Gestern aber ist Hettwich dann der Kragen geplatzt, und sie hat sich auf den Weg gemacht, endlich mal wieder ihren (Secondhand-!)Pelz richtig durchzulüften und mir ganz nebenbei Attendorn durch ihre himmelblaue Brille zu zeigen:
Und dann auch noch eine, die nicht von hier kommt…
Hallo Hettwich, oder soll ich Frau vom Himmelsberg sagen?
Ich bin es Hettwich…
„vom Himmelsberg“ klingt jetzt auch nicht wirklich nach Sauerländer Hochadel – wo kommse wech?
Gebürtig aus Ostwestfalen, aus Erkeln, einem kleinen Dorf mit fünfhundert Einwohnern. Ist ´ne ganz andere Gegend, aber ein ähnlicher Menschenschlag… Dass man im Kabarett gut ist, merkt man im Sauerland daran, dass keiner was sagt; in Ostwestfalen merkt man´s daran, dass keiner einschläft. Klatschen und aus sich rausgehen ist in beiden Regionen nicht so angesagt – sach ich jetz´ ma´!

Und was hat dich hierher verschlagen?
Der Beruf… Früher war ich angestellt beim Erzbistum Paderborn, seit sieben Jahren bin ich selbstständig als Kabarettistin und Referentin für Prävention sexualisierter Gewalt. Ich habe auch mal im Bistum Bamberg gearbeitet, aber die fränkische Mundart ist nicht leicht zu verstehen… Dann war ich in Dortmund; da merkte man, dass es Frühling wird, wenn einem die Pommesschachteln an die nackten Beine wehen. Aber im Sauerland, das ist´s schön, dachte ich mir; da lernt man auch schneller Leute kennen, weil man sich wieder trifft. Also bin ich hergekommen, und habe dann auch meinen Mann getroffen. Also bin ich geblieben… Ich wohne jetzt mehr als zwanzig Jahre hier – kannse also schreiben, dass ich Sauerländerin bin! Nur das mit dem „Woll“ – das lerne ich in diesem Leben nich´ mehr!

Buiterling hin – Buiterling her; irgendwie kamst du mir gleich bekannt vor: Eben die typische Sauerländerin von nebenan… Steckt in uns allen ein bisschen „Hettwich“ oder gibt es ein bestimmtes Vorbild für die Bühnenfigur?
Ich will jetz´ nicht sagen, dass meine Omma genauso war wie Hettwich… Aber solche Ommas gab´s bei uns aufm Dorf in Ostwestfalen, die den ganzen Tach hinter der Gardine liegen, die Nachbarn beäugen, alles immer schon wissen, bevor es passiert, ´rumtratschen, besserwissen. Soll´s eventuell auch im Sauerland geben, hab´ ich mir sagen lassen!? Solche Leute jedenfalls hatte ich im Kopf, als ich mir die Hettwich ausgedacht hab! Der Name war eigentlich Zufall, aber ein guter, denn ich habe nachher rausgefunden, dass er „Kämpferin“ bedeutet. Auch das „vom Himmelsberg“ war ein Zufall: Ich hatte hier einen Auftritt beim Karneval in der Schützenhalle; die Attendorner waren sehr skeptisch, ich hatte elf Minuten inklusive Ein- und Ausmarsch. Ich war sehr nervös, weil der Alt-Bürgermeister noch ´ne Woche vorher gesagt hatte: Mädchen, das gibt nix! Ja, und auf dem Weg rauf zur Schützenhalle las ich dann das Straßenschild „Zum Himmelsberg“ und dachte, was ein schöner Name, so heiße ich jetzt! Ich habe mich dann auch so vorgestellt: Ich wohne da, wo die meisten Männer merken, dass se in der Schützenhalle besser nochma auf Klo gegangen wären. Es gibt immer noch Leute, die das glauben; das neue Kino in Attendorn hatte mir letztes Jahr Karten geschickt, und die hatten „Hettwich vom Himmelsberg“ drauf geschrieben. Aber es ist trotzdem angekommen – de Post weiß Bescheid!

Was hat´s mit der Kostümierung auf sich? Hilft das Anja dabei, zur Hettwich zu werden?
Darüber habe ich mit Fachleuten diskutiert, als ich mich in Paderborn um einen Kabarett-Preis bemüht habe… Da durfte ich nicht antreten, habe aber trotzdem den Preis für die beste Bewerbung bekommen; das Argument war, mein Comedy-Anteil wäre zu hoch, ich wäre zu wenig Kabarettistin. Und da riet man mir, doch gänzlich auf das Kostüm zu verzichten. Aber das ist Quatsch, denn es ist viel leichter, als Hettwich manche Sachen zu sagen; das könnte ich als Anja nicht tun, dann wären die Leute beleidigt! Ich glaube, es ist auch ein großer Unterschied, ob man als Frau oder als Mann Kabarett macht – da wird einem als Frau viel weniger verziehen… Und dann noch als eine, die nicht von hier kommt… Das Kostüm ist schon ein guter Schutz; und es ist ja auch ein Schutz für meine Familie! Wenn ich hier in Attendorn durch die Stadt gehe, sprechen mich viele als Hettwich an; die wissen gar nicht, dass ich Anja heiße. Für mich ist das auch okay, ich hab´ mir die Rolle ja ausgedacht, und ich rede auch immer über meinen „Siechfried“, aber das ist ja nicht mein Mann! Und der wird trotzdem so angesprochen; allerdings kommt der Siechfried in meinen Bühnennummern gar nicht so gut weg, und das möchte mein Mann nicht sein, und ist er ja auch nicht! Man muss halt schnallen, dass Hettwich eine Kunstfigur ist, und da hilft das Kostüm. Die Mütze habe ich übrigens bei der Auflösung des Dekanatsbüros in Altenhundem mitgenommen, aus der Verkleidungskiste, und ich habe immer große Angst, dass sie eines Tages auseinanderfällt. Beim ersten Wollwaschgang hab ich echt betend vor der Waschmaschine gesessen; ich habe auch schon versucht, sie mir nachnähen zu lassen, aber sie ist nun mal ein Unikat…
Zur Zeit ist ja große Bühnenpause… Wenn es irgendwann mal wieder möglich ist und ich mich in die Zuschauerreihen wage, lache ich da eher mit, über oder wegen der Sauerländer?
Ich glaube, du wirst am meisten über mich lachen! Es ist nicht so, dass ich versuche, Andere durch den Kakao zu ziehen, sondern ich mache mich schon viel über mich selbst lustig. Ich habe auch kein Problem damit, mich bloßzustellen; ziehe absichtlich unvorteilhafte Sachen an und rede über meine „Corona-Rolle“… Aber die Flipflops vom letzten Jahr passen immerhin noch! Es sind so alltägliche Sachen; es geht um Schule, Erziehung, gleichberechtigte Partnerschaft – obwohl Hettwich ja keine Kinder hat, bringe ich dann meine eigenen Themen doch irgendwie mit ein…
Für mich als Einzelperson vonne Presse konntest du ja heute mal eine Ausnahme machen und mir Attendorn durch deine Brille zeigen. Jetzt will ich nicht zu viel verraten; am besten erzählste mal selbst, was die Teilnehmer demnächst wieder bei der Comedyführung mit Hettwich erwartet!
Die vielen, kleinen, inhabergeführten Geschäfte, die wir hier in Attendorn haben. Denn wir haben hier nicht nur nicht die großen Ketten oder Geschäfte, in denen es so nach Plastik riecht, dass man beim Reinkommen umfällt. Da gibt´s schon eine Menge zu entdecken; jeweils zugeschnitten auf die entsprechende Gruppe, versteht sich! Dann der Stadtkern mit schönen Gebäuden, historischem Flair – bis dahin sind die Baustellen bestimmt auch gelaufen, und Attendorn erstrahlt in neuem Glanze! Im nächsten Jahr wird die Stadt 800 Jahre alt; und zu diesem runden Geburtstag lohnt es sich doch auf jeden Fall, mal vorbeizuschauen!

Danke, dass du Hettwich bis hierhin zugehört hast, denn wer weiß, wann sie wieder zu Wort kommen darf!? Wenn es so weit ist, solltest du dir auf jeden Fall Attendorn mal auf ihre Weise zeigen lassen; auch wenn du glaubst, du kennst die Stadt, wird sie dich sicherlich eines Besseren belehren… Ach ja, Hettwich hat auch Facebook – und so kannste immer aufm Laufenden über Bühne, Stadt und Co. bleiben.
https://www.facebook.com/Hettwich-vom-Himmelsberg-160804294075630/
Hallo liebe Hedwig vom himmelsberg,,
Hättest du am Sonntag den 07. November 2021 für eine halbe bis zu einer Stunde Zeit..?
Wir sind ein kleiner Haufen vom Vinzenz Palotti Chor. Steigen vom Schiff 13.30h und würden gerne von dir unterhalten werden.
Liebe Gruesse, Heike Struck
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Liebe Heike,
am besten wendest du dich direkt an Hettwich – hier ist ja nur ein Blogpost über sie und ich bin nicht sicher, ob sie das liest…
Liebe Grüße
Steffi
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