
ODER: EINE WETTERSTATION FÜR KIERSPE
Und, genießt du die Hitze? Oder geht´s dir genauso wie mir, und du sehnst du dich nach den gemäßigten Temperaturen zurück, die wir den restlichen Sommer über hatten? Denn sind wir mal ganz ehrlich: So viele Probleme uns dieses Jahr auch begleitet haben – das Wetter war doch im Vergleich zu den Vorjahren ganz erträglich, oder? Während die schlaflosen Nächte 2018 und 2019 schon im April losgingen und bis September andauerten, „leiden“ wir dieses Jahr erst im August unter der ersten richtig großen Hitzewelle… Doch ist das Wetter im Sauerland in diesem Jahr nur gefühlt besser oder gibt es tatsächlich messbare Veränderungen, die sich vielleicht sogar positiv auf unsere Wälder auswirken? Um das herauszufinden, habe ich Marc Thiessenhusen aus Kierspe besucht. Marc war vor einiger Zeit Referendar an der Schule, an der auch ich unterrichte; nun ist er zurück in seiner Heimat, bei seiner Wetterstation, und hat sie mir gezeigt:
Schönes Wetter ist, wenn die Jahreszeiten richtig ausgeprägt sind
Marc, wir Alle reden jeden Tag über das Wetter, doch die Wenigsten beschäftigen sich so viel damit wie du. Wie kam es dazu, dass du deine eigene Wetterstation aufgebaut hast?
Das hat angefangen in dem heißen Sommer 2003. Damals habe ich von meiner Oma ein einfaches Thermometer geschenkt bekommen und angefangen, erstmal nur die Temperatur aufzuzeichnen. In dem Sommer wurde der erste deutsche Rekord mit 40 Grad erreicht; das war so der Punkt, wo ich dann auch wissen wollte, wie das bei uns hier im Sauerland ist. Ein Jahr später habe ich dann vom gesparten Taschengeld meine erste richtige Wetterstation gekauft, und seitdem bin ich durchgängig dabei…
Inzwischen betreibst du die Wetterstation also schon 16 Jahre. Was waren die extremsten Werte, die du gemessen hast?
In der ganzen Zeit war die höchste Temperatur 37,4 Grad, erreicht am 25. Juli im letzten Jahr; davor war der Rekord von 2006 mit 36,3 Grad… Als Tiefsttemperatur habe ich 22,2 Grad minus gemessen, das war am 07. Januar 2009. Da hatten wir auch vierzig Zentimeter Schnee, und es war wirklich eiskalt. In den letzten Wintern gab es dann nicht mehr so viel Schnee, das letzte Mal war 2010, ansonsten vielleicht mal zehn Zentimeter.
Mir persönlich kommt dieser Sommer deutlich angenehmer vor als die letzten beiden, zumindest, was das Wetter angeht… Geht´s nur mir so oder bestätigen deine Messungen diesen Eindruck?
Das ist auf jeden Fall so! Es ist bis Ende Juli wesentlich gemäßigter gewesen; vorletzte Woche erst, am letzten Julitag, gab es den ersten richtig heißen Tag in diesem Jahr. Davor war es, was die Temperaturen angeht, absolut normal für unsere Region. Vom Niederschlag her war der Juli auch recht durchschnittlich, die Monate davor waren aber definitiv wieder viel zu trocken! Da täuschen die Temperaturen: Obwohl der Februar ja ein sehr nasser Monat war, haben wir in diesem Jahr bisher weniger Niederschlag als im letzten Jahr. Gerade im Frühling, wenn die Natur grünt, muss sehr viel Wasser da sein, und das war leider auch in diesem Jahr wieder nicht so…
Im „echten Leben“ bist du Lehrer und unterrichtest Biologie, Wirtschaft und Gesellschaftslehre. Eigentlich ist in allen drei Fächern das Wetter ein zentrales Thema. Kannst du deine Ergebnisse und Statistiken auch im Unterricht verwenden, zum Beispiel zum Thema „Klimawandel“?
Ja, gerade wenn wir Klimadiagramme bearbeiten, bastle ich da häufig meine eigenen Daten zusammen, damit die Schüler auch sehen, wie es in unserer Region ist. Allerdings muss es da eigentlich einen 30-Jahre-Schnitt geben, und den habe ich ja noch nicht… Wir haben auch schon über die beiden letzten, trockenen Sommer geredet, und natürlich auch über die Schäden, die sie verursacht haben. Man muss ja nur vor die Tür gehen oder aus dem Fenster schauen, dann sieht man die Auswirkungen der letzten beiden Jahre. Aber darauf muss man die Schüler hinweisen, das ist denen nicht immer so bewusst. Ich nehme dann auch Bilder von den Wäldern ringsum mit in den Unterricht, wo alles zerstört ist; das sieht teilweise aus wie eine Mond-Landschaft. Da sind Einige schockiert, wenn sie mal bewusst mit der Nase drauf gestoßen werden. Es ist auch ihre Heimat, ihre Zukunft… Und natürlich ist auch der Plan, eine Wetter-AG aufzubauen. Ich habe es geschafft, eine Wetterstation zu organisieren, und möchte die an der Schule installieren. So können interessierte Schüler ihre eigenen Daten messen und aufzeichnen. Vielleicht kann man das auch online abrufbar machen, mal schauen…
Was gibst du deinen Schülern im Hinblick Umwelt, Nachhaltigkeit und Wetter noch mit auf den Weg? Worauf sollten wir alle achten?
Wir alle müssen lernen, achtsamer zu sein. Wir leben in unserem eigenen Kosmos so vor uns hin und verlieren den Blick für die Welt um uns herum. Da eine andere Haltung zu gewinnen, das fängt schon bei den Schülern an. Deswegen müssen sie auch sehen, wie die Natur sich verändert; mal aus ihrem eigenen Kosmos herauskommen. Das fängt bei ganz kleinen Sachen an, zum Beispiel das Papier in den Mülleimer zu werfen und nicht in die Ecke. Auch die Schüler merken ja, dass es viel schöner ist, in einer sauberen Umgebung zu lernen und zu spielen. So lernen sie dann vielleicht auch die Umwelt ein kleines bisschen mehr schätzen, und da möchte ich hinkommen: Dass sie schätzen, wie schön wir es hier haben, und das auch erhalten möchten.
Bei „Sauerland“ denken Viele an grauen Himmel und Regen. Ein Klischee, das zutrifft?
Ich glaube, der Ruf des Sauerländer Wetters ist schlechter als es in Wirklichkeit ist. Natürlich sind wir die regenreichste Region in Nordrhein-Westfalen, das ist durch die Berge bedingt. Aber so sind wir ja auch ganz wertvoll für die anderen Gegenden in NRW durch die Wasservorräte, die wir haben. Und es müsste ja sogar wieder viel mehr regnen; dass ich als Sauerländer das mal sage, hätte ich auch nicht gedacht. Aber eigentlich haben wir doch hier eine ganz gute Mischung, und die meisten Leute wollen gar nicht dauerhaft Hitze… Wir haben ja ohnehin hier unser Urlaubsgebiet direkt vor der Tür, mit den Talsperren und Wäldern, und wenn es dann noch so mediterranes Klima gibt wie in den letzten beiden Jahren, braucht wirklich Niemand mehr weit weg fahren!
Was ist für dich „schönes Wetter“?
Ich mag Sonne und 25 Grad, aber ich erfreue mich ebenso an Gewittern und an Schneestürmen. Es muss eben zur Jahreszeit passen; ich brauche an Weihnachten keine 18 Grad, wie wir das vor zwei Jahren mal hatten… Schönes Wetter für mich ist, wenn die Jahreszeiten richtig ausgeprägt sind!
Ja, gefühlt war dieses Jahr besser – aber, wie ich jetzt weiß, leider immer noch deutlich zu trocken… Also hoffen wir, dass Marcs Wetterstation nach der aktuellen Hitzewelle noch jede Menge Niederschlag für dieses Jahr aufzeichnen kann! Wenn du mehr über das Sauerland-Wetter wissen möchtest, schau doch mal hier vorbei; gern stellt dir Marc auch seine Statistiken zur Verfügung:
https://www.facebook.com/meteonrw/
https://www.instagram.com/meteomarc
Die Wetter-/Landschaftsfotos aus Kierspe und Umgebung und das Klimadiagramm wurden von Marc mit freundlicher Unterstützung zur Verfügung gestellt.