
ODER: MICHAEL DORNSEIFER ÜBER DAS SAUERLAND UND DIE BALINESISCHE LEBENSFREUDE…
Na, hast du auch schon die Sandalen und den Strohhut rausgeholt, um dir etwas Strandgefühl nach Hause zu holen? Seitdem die Sommerferien gestartet sind, versuche ich jedenfalls schon, auch kleidungsmäßig etwas mehr Sonne und Strand in meinen Alltag zu integrieren. Wie du vielleicht weißt, mache ich mir aber auch zunehmend Gedanken über unseren Planeten und darüber, wie wir mit Mensch und Umwelt umgehen! Shirt und Flip-Flops aus „Ausbeuterfabriken“ in Bangladesch oder Vietnam sehen vielleicht sommerlich aus, haben aber einen bitteren Nachgeschmack… Zum Glück durfte ich mich mit Michael Dornseifer treffen, der mir gezeigt hat, dass man dieses sommerliche Kleidungsgefühl auch ohne schlechtes Gewissen haben darf.
Das ist ein schönes, faires Miteinander
Michael, ich bin über „Dr. Schuh“, also die Schuhexpertin Dr. Claudia Schulz, auf dich aufmerksam geworden. Für Frauen liegt es vielleicht etwas näher, sich so intensiv mit Schuhen zu befassen… Wie kam es bei dir dazu?
Das ist eine längere Geschichte… Nach der Schule bin ich zunächst für sechs Jahre Polizeibeamter gewesen. Das war damals die Zeit der „Startbahn West“ am Frankfurter Flughafen, da gab es Prügeleien und Demonstrationen; das hat mir überhaupt nicht gefallen. Ich habe dann meinen Beamtenjob hingeschmissen, obwohl ich aus einem Beamtenhaushalt komme, wo Sicherheit das oberste Prinzip war… Freie Wirtschaft, oh Gott, das war überhaupt nicht vorstellbar! Aber ich habe überlegt, was ich gut kann, und das ist, mit Menschen umzugehen. Mehr oder weniger zufällig bin ich dann zum Schuh-Hersteller „Salamander“ gekommen. Technik konnte ich nicht verkaufen, da hatte ich keine Ahnung von, Versicherungen auch nicht, das wäre ja zu unsicher gewesen, aber Mode, ja, das konnte ich mir vorstellen. Und das war ja eine große deutsche Firma, das war ein sicherer Job! So bin ich dann vor ca. dreißig Jahren auf den Schuh gekommen. Ich war dann im Vertrieb recht erfolgreich, dann auch jahrelang bei der Firma „Rohde“ und „Daniel Hechter Schuhe“ – das war eine riesengroße Nummer! Danach habe ich mich dann selbstständig gemacht und Schuhkollektionen auf der ganzen Welt entwickelt, teils direkt für den Handel, teils auch für andere Marken. Das war alles ein recht langwieriger Prozess…
Seit 2013 hast du nun mit „Bali-Bali Fashion“ dein eigenes Label. Man könnte fast vermuten, dass die Idee bei einem Urlaub entstanden ist!?
Es war nicht direkt ein Urlaub, aber die Idee ist vor Ort entstanden, das ist schon richtig. Ich war in Indonesien, habe da eine Kollektion gemacht, war für zwei, drei Wochen da. An einem Tag bin ich dann mal nach Bali geflogen, das ist gleich nebenan, und der Flug kostet nicht viel… Eine wunderwunderschöne Insel – da brauchte ich unbedingt einen Grund, um noch mal dorthin zu kommen. Aber im Ernst: Ich habe dann ganz schnell festgestellt, da gibt es ein Füllhorn an Möglichkeiten. Die Menschen sind handwerklich unglaublich begabt. Zuerst habe ich mir ein bisschen Schmuck mitgenommen und habe den mit zu einer Messe genommen. Das war so ein Erfolg, dass ich gleich wieder nach Bali geflogen bin, und so langsam die Idee der Marke entstand… Am Anfang war es wie gesagt Schmuck, dann kamen Tücher dazu, irgendwann dann auch die ersten Sandalen, Taschen und Hüte. Mittlerweile haben wir auch deutsches Know-how und deutsche Passformen nach Bali gebracht, die Bequemlichkeit ist ja auch ganz, ganz wichtig. Inzwischen machen wir da alles mit einer richtig guten Qualität, zum Beispiel einer ordentlichen Lederdecksohle, weil der europäische Kunde ja schon einen anderen Standard gewöhnt ist. Es hat ein bisschen gedauert, aber wir haben mit den produzierenden Betrieben vor Ort eine richtige Struktur aufgebaut. Wir sind richtige Partner, fast schon Freunde geworden… Das ist ein schönes, faires Miteinander!
„Fair Trade“ ist das Stichwort: Die Unterstützung der Menschen auf Bali liegt dir sehr am Herzen. Wie realisierst du das, und wie hältst du den Kontakt zu deinen Geschäftspartnern?
Ich mache das so: Ich lege ein bestimmtes Design vor und bitte darum, ein Modell herzustellen. Dann frage ich, wieviel der Schuh kostet. Der Mitarbeiter legt also den Preis selbst fest. Natürlich muss das in einem vernünftigen Verhältnis stehen, denn wenn der Schuh zu teuer wird, werden ihn möglicherweise nicht so viele Händler und Endkunden bestellen… Es wird nämlich immer nur produziert, was auch bestellt wurde. Die Händler erhalten schon im Vorjahr Einsicht in die neue Kollektion und können dann aus zahlreichen Modellen und Farbkombinationen wählen. Dann wird produziert und alles nach Deutschland verschifft. In unserem Lager sammeln wir alles und verteilen es dann an die Händler und die Kunden aus dem Online-Shop weiter… Dieses Verfahren halte ich mit allen Produzenten so, weil auch sie ja davon leben können müssen. Daher handle ich da nicht noch mal zwanzig Cent runter, wenn der Preis halbwegs in Ordnung ist. Über diese inzwischen siebenjährige Zeit sind so Freundschaften mit Balinesen entstanden; das zeigt mir, dass auch sie sich fair behandelt fühlen! Ich bin tatsächlich – wenn nicht gerade Corona ist – fünf, sechs Mal im Jahr dort, immer für ca. vier Wochen. Und dann gibt´s da natürlich Email, Whatsapp; also wir stehen ständig im Kontakt. Vor Ort habe ich inzwischen auch Leute, die verantwortlich sind für die einzelnen Warengruppen und das dann auch im Griff haben. Auch das ist langsam über die sieben Jahre gewachsen. Anfangs gab es da überhaupt gar keine Strukturen…
Und der Handel ist da sehr allergisch, wenn du da zu spät lieferst, wirst du gleich mit Strafen oder Rabatten belegt. Auch wir haben Lehrgeld zahlen müssen, am Anfang war das schon manchmal schwierig. Ich musste erstmal die Mentalität der Menschen kapieren. Da war mal ein Auftrag, da sollten vier Tücher handbemalt werden. Der Mitarbeiter hatte sich dann nach einer Woche aber immer noch nicht an die Arbeit gemacht. Als ich nachfragte, erfuhr ich, dass er Tempeldienst hatte. Okay, kein Problem. Auch nach einer weiteren Woche war nichts passiert. Da stellte sich heraus, dass er wohl tatsächlich von morgens bis abends mit dem Tempeldienst beschäftigt war und auch für diese Zeit keine Einnahmen hatte; trotzdem war das völlig selbstverständlich für ihn. Vier Wochen hat er das so gemacht, im Jahr davor wohl sechs Monate. Absagen konnte er mir aber auch nicht, dass muss man auch wissen; ein „Vielleicht“ ist in der balinesischen Mentalität schon eher als „Nein“ zu werten. Das habe ich gelernt, und solche Risikobereiche ausgegliedert. Corona allerdings konnte ich nicht ausgliedern…
Wenn du Design und Philosophie von „Bali-Bali“ mit ein bis zwei Sätzen zusammenfassen müsstest, was wäre deine Kurzdefinition?
Bei der Philosophie liegt der Fokus ganz klar auf „handmade“ und „fair trade“, das ist mir ein echtes Anliegen, und zieht sich auch durch, nicht nur auf Bali, sondern auch mit unseren Geschäftspartnern in Deutschland. Die balinesische Lebensfreude hier an die Frau oder den Mann zu bringen, die sich dann auch im Design wiederfindet – das ist die Idee!
Immer wieder neues Designs für Sandalen, Taschen und Hüte… Besonders beeindruckt hat mich die aktuelle Kollektion aus Stahlseide! Woher kommt die Inspiration für solch außergewöhnlichen Ideen?
Ich bin ja seit über dreißig Jahren im Modegeschäft, da sieht man unglaublich viel, wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht. Der Kern kommt tatsächlich von mir, aber natürlich schaut man auch mal nach rechts oder links, und lässt sich da inspirieren… Wie ich eben beschrieben habe, müssen wir ja immer schon ein Jahr im Voraus planen, da muss man die Trends schon früh erkennen oder sogar selbst formulieren. Da gibt es aber auch Foren, wo man sich austauschen kann, wo zum Beispiel die Farben festgelegt werden. Ich skizziere die Modelle dann selbst, zeichne das auf oder verändere Fotos, also im Prinzip bin ich auch noch der Designer von „Bali Bali Fashion“.
Die Stahlseide, die du angesprochen hast, ist wirklich etwas ganz Besonderes. Das ist ein ganz besonderes Verfahren; ich sag auch noch keinem, wie´s geht… Ich möchte nicht, dass das kopiert wird! Das ist so entstanden, da kam eine Familie auf mich zu, die hatten von „Bali Bali“ gehört, und baten mich um Unterstützung. Sie zeigten mir mehrere Lampenschirme; das sah schon toll aus, aber für Lampenschirme hatte ich nun wirklich keinen Markt. Ein Lampenschirm war als Fisch gestaltet, und da kam mir die Idee, dass man daraus auch eine Handtasche machen konnte… Das ist die Geschichte vom „Silky Steel“; inzwischen haben wir schon einige Taschen- und Schuhmodelle und auch Schmuck in unserer Kollektion. Das entsteht dann im gegenseitigen Austausch; die zeigen mir, was sie machen können, und ich schaue, was funktionieren kann. Das ist auch viel authentischer und kreativer, als einfach ein festgeschriebenes Konzept von oben aufzusetzen. Aber auch da muss man erstmal mit kleinen Sachen schauen, wie zuverlässig die sind und ob das klappt, und dann nach und nach wieder eine neue Struktur aufbauen.
Wenn ich mich jetzt in ein Modell besonders verliebt habe, wo könnte ich es kaufen?
Erste Anlaufadresse ist der Fachhandel. Modegeschäfte, Boutiquen, Schuhgeschäfte, die uns disponiert haben. Die Leute sollen am besten zum Händler direkt um die Ecke gehen, das liegt uns am Herzen. Aber wenn da jetzt gerade keiner in der Nähe oder ein bestimmtes Modell ausverkauft ist, gibt´s natürlich auch noch unseren Online-Shop, da haben wir auch ein großes Sortiment. Und wenn man in den sozialen Medien Sachen entdeckt, die wir gerade nicht mehr im Shop haben, einfach mal anfragen; manchmal kommt es dann auch wieder rein…
Heute sitzen wir nicht am Strand von Bali, sondern am Möhnesee im „Pier 20“. Das Sauerland ist deine und meine alte Heimat; mir fiel es echt schwer, wegziehen zu müssen. Wie war es bei dir, und bist du noch häufig in der Gegend?
Ich bin in Gerlingen aufgewachsen, war dann auch fünf Jahre in Fredeburg im Internat. Aber als junger Mensch hatte ich dann schon das Bedürfnis, die große, weite Welt zu entdecken. Beruflich bin ich damals nach Hessen gegangen, bin aber in den letzten dreißig Jahren auch unglaublich viel unterwegs gewesen, in Deutschland und in der ganzen Welt. Ich liebe es, weg zu sein, aber ich liebe es auch, immer wieder zurückzukommen! Besonders auch ins Sauerland; meine Eltern und Geschwister leben noch hier, und ich bin auch ca alle vier Wochen mal da. Und ich stelle fest: Umso älter man wird, desto häufiger zieht es einen zu seinen Wurzeln zurück. Ich ertappe mich dann wirklich dabei, wenn ich durchs Sauerland fahre, dass ich absichtlich die Landstraße nehme und mich an alte Zeiten erinnere… Natürlich hat mich die Kindheit und Jugend im Sauerland unglaublich geprägt, das ist meine Heimat, und ein schönes Gefühl, wieder an diese Orte zurückzukommen! Ich freue mich dann auch total, wenn ich noch die alte Eisdiele von früher wiederentdecke, oder meine alte Schule in Olpe, alle zehn Jahre Klassentreffen – ist schon verrückt, dass da dieser Nostalgie-Gedanke wieder so stark aufkommt!
Michael Dornseifer holt die balinesische Lebensfreude nach Deutschland! Damit auch etwas mehr Sommer-Feeling ins Sauerland kommt, kannst du gewinnen: Über den Instagram-Kanal von „Zauberhaftes Sauerland“ werden ab heute Abend die wunderschöne, runde Rattan-Handtasche „Ata Bali“ (letztes Bild) und über den Fotowettbewerb (gleicher Kanal) ein paar Sandalen aus „Silky Steel“ (Titelbild) verlost – vielleicht gehörst du ja zu den glücklichen Gewinnern!? Ansonsten schau doch mal beim Fachhändler um die Ecke oder hier vorbei:
wunderschön geschrieben! Wie immer!
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Ganz lieben Dank – auch dafür, dass du den Kontakt hergestellt hast 🙂
Liebe Grüße, Steffi
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