
ODER: VOM EICHENSTAMM ZU FILIGRANEN SKULPTUREN…
Holz begegnet uns in den unterschiedlichsten Zusammenhängen: Als Möbelstück oder Kunstwerk, beim Dach-, Türen und Fensterbau, als Bodenbelag, Brillengestell, Heizmaterial oder Schreibblock. Das liegt daran, dass es aufgrund seiner Elastizität und dennoch hoher Belastungsfähigkeit bei vergleichsweise geringem Gewicht ein vielseitig einsetzbarer Rohstoff ist. Es ist erneuerbar, nachwachsend und natürlich – das haben nicht viele Materialien zu bieten. Ihm wird eine antibakterielle, zumindest aber antiallergische Wirkung beim Einsatz im Wohnraum nachgesagt. Auch – oder vor allem – bietet es Lebensraum für zahlreiche Tiere.
Im Sauerland hat Holz eine besondere Bedeutung. Das versteht man umso besser, wenn man sich folgende Zahlen anschaut: Mit einem Anteil von 51 Prozent an der Gesamtfläche (das sind rund 314 000 Hektar) gehört der Wald zu den prägenden Landschaftselementen in Südwestfalen. Die Eiche, die Holzart, von der wir gleich noch viel Schönes sehen werden, erreicht mit rund 26 300 Hektar den dritten Platz bei der Verteilung der gesamten Waldfläche im Sauerland, nach der Fichte und der Buche. Vergleichsweise zu diesen Werten: Von der gesamten Erdoberfläche sind 21 Prozent mit Wald bedeckt, in Deutschland sind es im Bundesdurchschnitt 30 Prozent der Fläche.
Wir befinden uns also in einem der waldreichsten Gebiete Deutschlands. Das legt nahe, dass auch viele Unternehmen der Holzverarbeitung hier ansässig sein müssen. Ist auch so. Ein Beispiel: Die Papierfabrik „Gebr. Grünewald“ in Kirchhundem-Hofolpe. Diese veranstaltet regelmäßig „Offene Tage“, bei denen u.a. Showvorführungen gezeigt werden. Auch Shapoor Engineer, Weltmeister im „Speedcarving“ (Schnellschnitzen mit der Kettensäge), der übrigens auch aus dem Sauerland kommt, demonstrierte hier vor einiger Zeit sein Können. Das beeindruckte besonderes einen: den Attendorner Ingo Luke. Er war dermaßen fasziniert, dass seine Frau Tamara nicht anders konnte, als ihm einen Kurs bei dem Weltmeister zum 40. Geburtstag zu schenken. Seitdem gibt es ihn, den mit der Kettensäge schnitzenden Künstler aus Attendorn-Biekhofen!
Kunstwerke vom und für das Sauerland
Die Werke von Ingo Luke – zumindest die Meisten – sprechen eine Sprache: Sauerländisch! Besonders die Geschichte und Traditionen seiner Heimatstadt liegen ihm dabei am Herzen. Angefangen bei der „1222-Bank“ – das Jahr, in dem Attendorn die Stadtrechte verliehen wurden. Inzwischen steht sie im Rathaus und jeder darf seine Augen daran erfreuen oder darauf Platz nehmen.
Mit den Abbildungen der vier Osterfeuer an den Attendorner Stadttoren, die am Ostersonntag um 21 Uhr gleichzeitig entzündet werden, und dem Prinzengarden-Orden mit Narrenkappe macht der Künstler ein wichtiges Stück Brauchtum der Stadt greifbar. Natürlich darf auch das Schützenfest nicht fehlen! Der Helm erinnert dabei an den historischen Schützenzug, der nach überstandener Belagerung durch die Schweden gefeiert wurde.
Daneben sind aber auch natürliche oder saisonale Motive Gegenstand seines Schaffens, zum Beispiel Hunde, Maulwürfe, Sterne und Kürbisse. Kleinere Kunstwerke sägt Ingo Luke spontan und ohne Entwurf aus dem Holz; dessen Form und Beschaffenheit geben ihm die nähere Gestaltung vor. Größere Werke, wie beispielsweise unsere „Sauerland-Bank“, werden nach sorgfältiger Planung auf dem Computer entworfen. Da trifft es sich perfekt, dass Herr Luke als NC-Programmierer auch beruflich mit dem benötigten CAD-Programm zu tun hat.
Trotz seiner Liebe für die Heimat schaut Ingo Luke immer wieder über den Tellerrand hinaus. Weil er sich auch für den „Blockbau“ interessiert hat, hat er kurzerhand einen Kurs besucht. Das erste eigene Objekt in diesem Verarbeitungsstil ist bereits fertig: ein massiver Stehtisch.
Die „Sauerland-Bank“ entsteht…
Wenn man das Glück hat, sich aussuchen zu dürfen, welches Kunstwerk man gerne bei seiner „Erschaffung“ begleiten möchte, fällt die Wahl natürlich nicht schwer: Die „Sauerland-Bank“ ist nicht nur ein wahrer Augenschmaus, sondern bietet auch zahlreiche Details, die die Eckpunkte der Region erzählen.
Passenderweise liegt der Schnitzplatz von Ingo Luke mitten im Wald. Das liegt aber nicht etwa daran, dass er sich hier immer neuen Nachschub holen kann, sondern am Lärm und Schmutz, die nun mal Begleiterscheinungen seiner künstlerischen Tätigkeit sind.
Da Ingo Luke die „Sauerland-Bank“ bereits mehrfach gebaut hat, liegt der entsprechende CAD-Entwurf bereits vor. Die Basis der Bank bilden zwei Eichenbretter für die Sitzfläche. Diese kauft Ingo Luke hinzu, weil zu viel Verschnitt seines schönen Holzes entstehen würde, wenn er nur ein einzelnes Brett aus dem Stamm sägte.
Als Rückenlehne dienen die vier Buchstaben des Wortes „WOLL“, die als nächstes angefertigt werden. Die Seitenteile werden dann zunächst mit der Fräsmaschine aus einem Eichenstamm herausgearbeitet, indem die Schichten nach und nach abgetragen werden. Lieber zu wenig als zu viel, denn es kann schließlich nichts wieder angeklebt werden, wenn es einmal ab ist.
Um die Formen und Skulpturen entstehen zu lassen, arbeitet Ingo Luke dann mit der Kettensäge. Für die filigranen Elemente, wie etwa die nachgebildeten Fichten, nutzt er die kleinere, für gröbere logischerweise die größere. Auch hier wird Schicht für Schicht abgetragen, bis nach und nach das Kunstwerk zu erkennen ist.
Bei Schriftzügen läuft dies genau entgegensetzt: Hier wird in das Holz eingraviert… So verstehe ich den Unterschied zwischen „Plastik“ und „Relief“, ohne mich dabei als absoluter Kunstbanause outen zu wollen.
Um schöne Schatten-Effekte zu erzielen, wird das Holz noch geflammt. Das kann man sich so vorstellen, dass eine Art Bunsenbrenner mit der passenden Intensität an die richtige Stelle gehalten wird. Rückgängig machen geht schließlich auch hier nicht…
Abschließend wird die Bank mit Lasur überzogen und damit witterungsbeständig gemacht. Außerdem glänzt das Eichenholz so auch besonders schön.
Mit einem Blick auf die „Herz-Bank“ oder die „Borussia-Bank“ wird klar, dass Ingo Luke auch noch ganz andere Bänke kann, aber die „Sauerland-Bank“ ist und bleibt ganz klar mein Favorit! Warum? Weil sie die Schönheit meiner Heimat erzählt…
Die Arbeiten von Ingo Luke sind Unikate, die meist erst auf Auftrag entstehen. Das bedeutet natürlich, dass man ein wenig auf sein Traumobjekt warten muss. Das Tolle aber daran ist, dass die eigenen Wünsche und Vorstellungen realisiert oder in die Gestaltung miteingebracht werden können!
„Sauerländer Kettensägenkunst“ Ingo Luke, Mühlenweg 41, 57439 Attendorn
www.holz.design ; ingoluke@web.de