
ODER: ALEXANDER GREVE ÜBER SEINE LEIDENSCHAFT FÜR DAS KOCHEN UND DAS „HOTEL DEIMANN“
Wie könnte man die Kategorie „Lecker“ besser eröffnen als mit der Küche des einzigen Fünf-Sterne-Hotels im Sauerland? Noch dazu, wenn auch noch eins seiner Restaurants einen Michelin-Stern hat, ebenfalls als einziges im Sauerland? Und ja, du hast richtig gehört, es gibt mehrere Restaurants in dem einen Hotel, nämlich dem „Hotel Deimann“ in Schmallenberg-Winkhausen. Den Überblick über alles, was mit der Gastronomie zu tun hat, hat aber nur einer: Alexander Greve. Ich durfte ihm über die Schulter schauen und habe einiges über seine Arbeit als Küchenchef in dem gehobenen Haus erfahren.
Ein Hotel der Superlative
Ziemlich genau da, wo die Sorpe in die Lenne fließt, liegt das „Hotel Deimann“. Meines Erachtens wäre der Begriff „Mikrokosmos Deimann“ treffender, weil es so zahlreiche und vielfältige Möglichkeiten im Innenbereich und der Außenanlage bietet. Wahrscheinlich langweilt man sich auch nicht, wenn man den Hotelkomplex während seines gesamten Urlaubs nicht verlässt – wobei ich ja sonst die größte Verfechterin davon bin, sich die Sauerländer Umgebung mit ihrer wunderschönen Natur und tollen Aktivitäten anzuschauen!
Der Gebäudekomplex ist nicht „aus einem Guss“ entstanden, und gerade das macht ihn so besonders. 1883, als Hilbert Hilsmann hier als Pionier des Sauerland-Tourismus das „Hotel zum Wilzenberg“ eröffnete, standen an dieser Stelle ein Gutshof, ein Sägewerk und ein neues Herrenhaus im Stil der Gründerzeit.
1917 erwarb Theodor Deimann das Anwesen von der Erbengemeinschaft Hilsmann und legte damit den Grundstein für das „Romantik- und Wellnesshotel Deimann“, das inzwischen in der dritten und vierten Generation geführt wird. Wie der Komplex nach und nach gewachsen ist, kann man an einer Foto-Wand im Hotel erkennen, noch besser aber, wenn man an der Außenfassade entlang oder im Inneren vom einen Gebäudeteil zum nächsten geht. Alte Elemente sind beibehalten und mit neuen verknüpft worden. So dient der einstige Torbogen, durch den eine Straße führte, heute als großes Fenster in der modernen „Galerie“, in der u.a. Kunstwerke von regionalen Künstlern ausgestellt und verkauft werden.
Zurück zum eigentlichen Thema, der Gastronomie. Ich hatte ja schon erwähnt, dass man während seines Aufenthaltes oder auch als Tagesgast zwischen verschiedenen Bereichen für kulinarische Köstlichkeiten wählen kann: Neben drei Restaurants – jeweils mit Terrasse – steht das Gourmetrestaurant „Hofstube“ von mittwochs bis sonntags ab 19 Uhr zur Verfügung. Hier zaubert Küchenchef Felix Weber raffinierte Kreationen, die vom Guide Michelin mit einem Stern ausgezeichnet wurden, direkt vor den Augen seiner Gäste. Ein wahres Event! Mag man es etwas uriger, kann man sich auch in den „Wilzenkeller“ mit Bier- und Weinstube zurückziehen. Philipp Oltersdorf, staatlich geprüfter Sommelier, der alle fünfhundert erlesenen Weine kennt (es gibt allein dreihundert verschiedene Rieslinge) kann perfekt beraten und die Speisekarte in allen Restaurants mit den passenden Weinempfehlungen verfeinern.
Im „Teichpavillon“, der den Hotel- und Pensionsgästen vorbehalten ist und die beste Sicht auf die Gartenanlage und bezaubernde Landschaft bietet, begrüßt Saalchef Hubert Hermes, der über ein unglaubliches Namensgedächtnis verfügt, den Gast persönlich. Dieser hat während seines Aufenthaltes einen automatisch für ihn reservierten Tisch, sodass er sich um nichts kümmern muss und sich dennoch rundum zuhause fühlen kann.
In der Mitte der drei Restaurants liegt die Haupt-Küche, eine von sechs zum Hotel gehörigen. Diese ist – wie jede andere gehobene Küche auch – in folgende Bereiche unterteilt: Der „Saucier“ kümmert sich mit seinem Team um Saucen, Fonds und Fleischgerichte, der „Entremetier“ um Sättigungsbeilagen wie Kartoffeln, Teigwaren und Reis, der „Gardemanger“ um kalte Speisen, Salate, Meerestiere, Geflügel und Wild und der „Patissier“ um Kuchen, Desserts und Eis. Jeder Postenchef ist verantwortlich für seinen Bereich und stellt zu Schichtbeginn selbstständig die benötigten Zutaten für den Tag im Kühlhaus zusammen, sodass alles griffbereit ist. Um die Koordination aller Aufgabenbereiche kümmert sich der Küchenchef mit seinen Souschefs. Entscheidendes Element, damit alles „rund“ läuft, ist die angeschlossene Spülstraße, die in wenigen Minuten alles wieder strahlend sauber macht. Warum diese „entscheidend“ ist, versteht man, wenn man bedenkt, dass allein bei einem Frühstück durchschnittlich 27 Teile pro Gast zum Spülen anfallen…
Das Fünf-Sterne-Hotel ist nicht nur für seine Küche weit über die Grenzen des Sauerlandes hinaus bekannt, sondern auch für seinen Wellness- und SPA-Bereich; ein kurzer Exkurs lohnt sich also: Die „Vitaloase“ hat insgesamt eine Größe von 3.700 Quadratmetern und verfügt über ein Hallen-Süßwasserbecken, ein Warmwasser-Bewegungsbecken und ein Sole-Freibad mit Liegewiese. Auch der Teich im Garten kann zum Baden genutzt werden.
Nach dem Schwimmen kann man in der Infrarotsauna, im Tecaldarium, Aromabad, der Dampfsauna, der finnischen Sauna oder im Bio-Saunarium schwitzen. Von der Bade- und Saunalandschaft hat man direkten Zugang zum SPA, der in 24 Behandlungsräumen die tollsten Arrangements anbietet: Schon mal im „Wasserklangbett“ oder auf der „Quarz-Sand-Liege“ gelegen? Einen „Private-SPA“-Bereich genutzt? Dich von zweihundert Düsen im Whirlpool massieren lassen? Hier ist es neben zahlreichen anderen kosmetischen und wohltuenden Angeboten möglich! Theo Deimann gründete bereits 1997 mit gleichgesinnten Kollegen die „Kooperation Wellness-Hotels-Deutschland“ (heute „Wellness Hotels & Resorts WHR“), um gemeinsame Standards zu erarbeiten und im Austausch die Wellnessangebote laufend weiter zu entwickeln.
Zum Hotel gehört außerdem eine 27-Loch-Golfanlage mit 6-Loch-Kurzplatz, Golfschule und Golf-Café-Restaurant, die nur 500 Meter entfernt liegt. Bei schlechtem Wetter kann auch im Keller des Hotels, der aufgrund einer Glaspyramide viel Tageslicht hat, gegolft werden. Auch hat die Familie Deimann das Vier-Sterne-Hotel „Störmann“ in Schmallenberg übernommen und behutsam modernisiert. Hier wird der Gast ebenfalls mit raffinierten Gerichten verwöhnt.
Damit diese zahlreichen Aufgaben bewältigt werden können, kümmern sich neben Seniorchef und -chefin auch ihre Tochter, zwei Söhne und 180 Festangestellte – darunter auch fünf eigene Hausmeister, die anfallende Reparaturen umgehend erledigen können – um den laufenden Betrieb. Passt doch mit dem „Mikrokosmos Deimann“, oder?
Alexander Greve: „Geht nicht, gibt’s nicht!“
Herr Greve, wie sind Sie zum Kochen und ins „Hotel Deimann“ gekommen?
Aufgewachsen auf dem elterlichen Bauernhof in einem 156-Seelen-Dorf, Heiminghausen, habe ich 1991 meine Ausbildung zum Koch im „Hotel Deimann“ begonnen. Damals war es noch ein Vier-Sterne-Haus und etwas kleiner. Nach meiner Zeit bei der Bundeswehr als Feldkoch war ich anschließend auf meinen Wanderjahren in den besten Häusern in ganz Deutschland: So war ich beispielsweise „Chef Gardemanger“ in einem Fünf-Sterne-Hotel in Köln und Küchenchef im „Kurfürstlichen Schlosshotel Weyberhöfe“ bei Aschaffenburg. Ich habe alles gesehen, vom US-Präsidenten über Tina Turner bis hin zu einem Scheich jeden bekocht… So konnte ich vielfältige Erfahrungen sammeln. Als sich dann der erste Nachwuchs ankündigte, zog es meine Frau und mich zurück in die Heimat. Seit 2009 bin ich nun Küchenchef im „Hotel Deimann“.
Was ist das besondere an Ihrem Arbeitsplatz?
Kurz gesagt, dass ich den besten Job der Welt habe. Das muss ich wohl etwas näher erläutern. Zum einen ist mein Arbeitsalltag absolut vielfältig gestaltet. Zwar stehe ich an den „starken“ Tagen auch selbst viel am Herd, aber meine Arbeit geht weit darüber hinaus: Ich bin Manager, Teamplayer, Planer und Logistiker, wenn es um mein dreißigköpfiges Küchenteam, den Einkauf usw. geht. Manchmal fühle ich mich auch wie ein Dirigent, der dafür sorgt, dass die unterschiedlichen Kompetenten zum exakt richtigen Zeitpunkt in perfektem Arrangement auf dem Teller landen. Oder wie ein Uhrmacher, der ein harmonisch laufendes Uhrwerk aufzieht… Außerdem habe ich Kontakt mit den Gästen und der Öffentlichkeit – wie jetzt bei dem Interview mit Ihnen. Ein zweiter ganz wesentlicher Punkt, der meine Arbeit besonders macht, ist, dass das „Hotel Deimann“ als Arbeitgeber ganz großartig ist. Ideen von Mitarbeitern werden aufgenommen und bei Sinnhaftigkeit direkt umgesetzt. So sind wir auch technisch immer auf dem neuesten Stand. Welches Hotel kann beispielsweise von sich behaupten, eine Schneidemaschine für Schinken im Frühstücksraum stehen zu haben, die den Wert eines Kleinwagens hat und vom Gast selbst betätigt werden kann?
Es stehen immer wieder neue Gerichte auf der Speisekarte. Wie kommen Sie an Ideen für diese?
Natürlich verfüge ich nach über fünfundzwanzig Jahren Berufserfahrung über ein reiches Repertoire, aus dem ich immer wieder schöpfen und möglicherweise auch etwas neu interpretieren kann. Daneben ist aber ganz toll, dass im „Hotel Deimann“ Köche aus aller Welt arbeiten und ihre Ideen und Erfahrungen einbringen. So habe ich ständig Inspiration für neue Rezepte. Und natürlich schnappt man auch im eigenen Urlaub einiges auf, was dann wieder gut integriert werden kann. Man lernt nie aus!
Aus diesem Grund ist dem „Hotel Deimann“ auch immer sehr an qualifiziertem Nachwuchs gelegen. Neben den Ausbildungsberufen Koch, Hotelfachmann, Hotelkaufmann, Restaurantfachmann, Fachkraft im Gastgewerbe, Kosmetiker und Fitnesskaufmann und der jeweiligen weiblichen Entsprechung bieten wir auch ein duales Studium im Bereich Tourismuswirtschaft und -management an. Einen umfassenden Überblick bietet unsere Broschüre.
Nach welchen Kriterien wählen Sie die Zutaten aus?
So weit es eben möglich ist, beziehen wir unsere hochwertigen Grundprodukte aus der Region. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: den Käse beziehen wir von der „Sauerländer Käserei Löffler“ in Dornheim und der „Atta Käserei“ in Attendorn, das Biolamm vom „Bauernhof Scholl“ aus Erndtebrück und Wild von Jägern aus Schmallenberg und Umgebung. Natürlich ist das wichtigste Kriterium die exklusive Qualität, aber wir haben auch im Blick, die Wege kurz zu halten und die Region zu stärken. Natürlich hat das seine Grenzen, denn im Sauerland wachsen keine Pinien für den entsprechenden Honig und weder in Sorpe noch Lenne habe ich jemals eine Seezunge gesehen.
Um den hohen Qualitätsstandard zu gewährleisten, stehe ich in ständigem Kontakt mit unseren Lieferanten und besuche diese regelmäßig. Da es sich um exklusive Produkte handelt, ist natürlich immer auch ein gewisser Vorlauf nötig. Bevor dem Gast das Menü auf dem Teller serviert werden kann, muss es fünf bis sieben Tage vorher sorgfältig geplant werden, damit alle Zutaten dann frisch verfügbar und entsprechend vorbereitet sind. Die Jus, die wir als Grundlage für Saucen nutzen, wird beispielsweise 48 Stunden aus Kalbsknochen eingekocht. Das kann man nicht mehr erledigen, wenn der Gast bestellt…
Fließen auch typisch sauerländische Gerichte mit in die Karte ein?
Nicht nur, weil unseren Senior-Chefs die heimische Küche am Herzen liegt, arbeiten wir immer wieder regionale Speisen wie „Tante Annas Fricco“ mit ein. Auch in unserer „Waldhütte“, die nur wenig entfernt liegt und jeweils am Wochenende geöffnet ist, oder in der mobilen Station, mit der ich während der Wanderwochen unseren Gästegruppen zur Mittagsrast entgegenfahre, darf die Küche schon mal rustikaler sein.
Gibt es ein bestimmtes Motto, das Ihre Küche beschreibt?
Auf den Punkt gebracht: „Geht nicht, gibt´s nicht!“ Tatsächlich sind wir so breit aufgestellt, dass wir dem Gast wirklich jeden Wunsch erfüllen können. Er hat nicht die Wahl zwischen Marmelade und Honig, sondern die Auswahl aus achtzehn Sorten von speziell für uns in einer Schwarzwälder Manufaktur hergestellten Marmeladen und zehn Honigsorten, wovon einige von regionalen Imkern erzeugt wurden. Es gibt nicht eine Schale gemischten Obstsalat, sondern es stehen zahlreiche Früchte zur eigenen Zusammenstellung zur Verfügung – von den Melonen allein drei Sorten. Und wenn der Gast gern sein Steak im „Gartenbistro“ am Pool, das eigentlich für kleine Snacks und hausgemachten Kuchen und Eisspezialitäten gedacht ist, einnehmen möchte, so ist das selbstverständlich kein Problem!
„Hausgemacht“ ist übrigens unser anderes Motto. In keiner einzelnen unserer Köstlichkeiten, sei es ein à-la-Carte-Menu oder die Pralinen, ist auch nur die geringste Menge an „Pülverchen“, sprich Geschmacksverstärkern etc. zu finden. Der Geschmack kommt bei uns aus den frischen, hochwertigen Zutaten. Das kommt auch besonders Allergikern entgegen, denn immer mehr Menschen klagen z.B. über Glutenunverträglichkeit. Auch steht neben einem Fisch- und Fleischgericht immer ein raffiniertevegetarisches Menü mit auf der Speisekarte.
Würden Sie eins Ihrer Rezepte zum Nachkochen verraten?
Selbstverständlich, gerne, vielleicht passend zur Region die „Variation von der Lenneforelle“. Viel Spaß und guten Appetit!
Vielen Dank an das „Hotel Deimann“ und besonders an Alexander Greve für den tollen, umfangreichen und authentischen Einblick in Ihre Arbeit!
Allen anderen sei noch gesagt: Ich konnte in diesem Artikel, der sich hauptsächlich auf die kulinarischen Köstlichkeiten konzentriert, nur einen kleinen Bruchteil dessen anreißen, was das „Hotel Deimann“ zu bieten hat. Wenn du selbst nachschauen und dir ein eigenes Bild machen möchtest, empfehle ich dir, nicht zu wenig Zeit einzuplanen. Es gibt einfach zu viel zu sehen und zu erleben!
Romantik- und Wellnesshotel Deimann, Winkhausen 5, 57392 Schmallenberg-Winkhausen
Tel. 02975/810, http://www.deimann.de