ODER: DER LIEBE WEGEN…
Die Sommerferien sind schon wieder halb um – die Urlaubssaison ist im vollen Gange… Du bleibst dieses Jahr im Sauerland? Auch wenn ich den etwas abgedroschenen Spruch „Da wohnen, wo andere Urlaub machen“ nun nicht weiter bemühen möchte, würde ich sagen, alles richtig gemacht! Und trotzdem schadet ein kleiner Blick in die Ferne nicht, um mal zu schauen, was die sauerländischen Auswanderer so machen. Nachdem uns Heiko von seinem Leben in Brasilien, Simone von ihrer Zeit in Australien, Joanne von ihren Erfahrungen in Alaska, Sarah von ihren Sommern auf Kreta und Tanja von den Dreitausendern in Tirol erzählt haben, geht es heute zu Anna Huff nach Oregon:
Oregon ist wie das Sauerland
Anna, du kommst aus Wenden-Möllmicke, hast aber auch als Jugendliche schon einmal für ein paar Jahre in den USA gelebt. Wie war es für dich, schon so früh internationale Erfahrungen zu sammeln?
Für mich war es super, als Teenager in den USA zu leben. Ich habe die Zeit unheimlich genossen und konnte viel reisen, habe fließend Englisch gelernt und eine ganz andere Perspektive bekommen. Das hat mich schon sehr geprägt…

Ist das auch der Grund, warum du dich entschieden hast, Anfang 2020 wieder zurück in die USA zu gehen?
Nein, das war eher Zufall. Ich habe 2018 meinen amerikanischen Mann in Frankfurt kennengelernt, wo er stationiert war, und ich studiert habe. Er ist 2019 dann zurück in die USA versetzt worden, 2020 haben wir geheiratet, und ich bin ausgewandert, um bei ihm zu sein. Bevor ich ihn kennengelernt habe, war mein Plan eigentlich immer, nach dem Studium zurück ins Sauerland zu ziehen.

Kurz nach deiner Ankunft dort legte die Pandemie alles lahm; Besuche in der Heimat waren plötzlich nicht mehr möglich. Hat dich das an deinen Plänen zweifeln lassen?
Ja, total. In der ersten Zeit ging es mir sehr schlecht, ich hatte starkes Heimweh, und dadurch, dass ich noch nicht arbeiten durfte, und durch die Pandemie habe ich mich wie eingesperrt gefühlt. Wir haben zum Glück kurz vor dem Lockdown unseren ersten Welpen, Rupert James, bekommen, sodass ich wenigstens einen kleinen Buddy an meiner Seite hatte, während mein Mann arbeiten war.

Für einige Zeit hast du in Virginia gelebt, nun bist du mit deinem Mann nach Oregon gezogen. Was unterscheidet das Leben an der Ostküste von dem an der Westküste?
Ich denke, man kann die Ostküste und die Westküste nicht zu sehr generalisieren – dafür ist das Land einfach zu groß. Allerdings haben wir in Virginia in einer Stadt nur 45 Minuten südlich von Washington DC gelebt, mit vielen Soldaten-Familien, Immigranten und einer hohen Diversity. Jetzt wohnen wir in einer Kleinstadt, die meisten Einwohner sind hier geboren und bleiben ihr ganzes Leben hier. Da merkt man den Unterschied bei den Menschen schon sehr stark.

Die beiden Bundesstaaten sind über 4.000 Kilometer voneinander entfernt – für uns hier im beschaulichen Deutschland sind das unvorstellbare Relationen. Hast du nun auch das Gefühl, in einem völlig anderen Land zu leben, obwohl es noch die USA sind?
Ja, 4000 Kilometer sind extrem. Als wir die Strecke im April 2022 gefahren sind, hat es sich angefühlt, als würden wir niemals ankommen. Letztendlich fühlt es sich hier aber trotzdem noch wie die USA an, nur halt ziemlich weit weg von Virginia.

Wenn du aus dem Sauerland kommst, bist du bestimmt genauso naturverbunden wie ich… Welche tierischen Begegnungen konntest du schon machen, wie nimmst du die Landschaft in deiner neuen Heimat wahr?
Zum Glück bin ich hier noch nicht vielen Tieren begegnet, worüber ich auch sehr froh bin, wenn man bedenkt, dass es hier Bären, Berglöwen, Pumas und andere unangenehme Freunde gibt. In unserer Nachbarschaft haben wir aber immer wieder Rehe, Hasen und Eichhörnchen – wie im Sauerland! Ich sage immer, Oregon ist wie das Sauerland, nur dass die Berge höher sind, und es im Winter noch mehr regnet.

Wie sieht der typische Alltag für dich aus und was unternimmst du in deiner Freizeit?
Ich bin bei einer Medical-Marketing-Agency in der Finanzabteilung angestellt und arbeite normalerweise bis 16 Uhr im Home Office. Danach steht ganz normal der Haushalt an, mit Freunden treffen, mit den Hunden rausgehen – nur bei Mama und Papa zum Kaffee reinschneien geht leider nicht.

Gibt es bestimmte Rituale oder Traditionen, die du von Deutschland aus mit in die USA genommen hast? Wie feierst du zum Beispiel die Feiertage, und was sagen deine amerikanischen Freunde dazu?
Ich feiere hier mit meinem Mann traditionell Heiligabend, was in den USA eher nicht gemacht wird. Hier wird hauptsächlich der 1. Weihnachtstag gefeiert, und wir machen beides. Lasagne und Geschenke an Heiligabend, „Stockings“ – die großen Socken am Kamin – und amerikanischer Schinken am 1. Weihnachtstag. Sonst habe ich eigentlich keine Traditionen oder Rituale, aber bin schon ziemlich deutsch – ehrlich, direkt und immer pünktlich. Meine amerikanischen Freunde kennen mich ja nicht anders, von daher ist es ganz normal.


An welchen USA-Moment erinnerst du dich am liebsten?
Mein liebster USA-Moment ist der Einzug in unser Haus hier in Oregon. Als wir von Virginia nach Oregon gezogen sind, waren wir vier Monate in AirBnBs und Hotels, bevor wir endlich in unser erstes eigenes Haus einziehen konnten, und als es dann endlich soweit war, hat es sich sofort wie zu Hause angefühlt.

Was vermisst du am meisten, wenn du ans Sauerland denkst? Und kannst du dir auch vorstellen, hierher zurückzuziehen?
Am allermeisten vermisse ich die Menschen – meine Familie und Freunde. Aber ich vermisse auch die Lebensqualität des Dorflebens, Schützenfeste und Kirmes, Eisdielen, kleine Cafés und schnell auf der Autobahn zu fahren. Mein Mann kann in zehn Jahren vom Militär in Rente gehen, und der Plan ist, danach zurück nach Deutschland zu ziehen!

Gerade erst war Anna wieder zu Besuch in der Heimat, nun ist sie wieder zurück im über 8.000 Kilometer entfernten Oregon… Und es bleibt spannend – im Januar kommt der erste Nachwuchs. Auf Instagram nimmt sie dich bei ihren Abenteuern mit, schau doch mal vorbei:
https://www.instagram.com/_annas_adventure/
Die Fotos wurden mit freundlicher Unterstützung von Anna Huff zur Verfügung gestellt.
