SERIE „MATERIAL“: BEIM KUNSTFESTIVAL „TEXTILE“ DREHT SICH ALLES UM STOFF UND GARN…

ODER: DAS „TIPI-PROJEKT“ VERNETZT MENSCHEN

 

Dieser Artikel hätte auch ganz wunderbar zu „EINZIGARTIG“ gepasst, weil ein Festival von einem solchen zeitlichen und örtlichen Ausmaß im Zeichen nur eines Materiales wohl wirklich einmalig ist. Da fiel aber auch schon das Stichwort, „Material“, also die perfekte Ergänzung für meine Serie… Herzlich Willkommen zur „Textile“ in Schmallenberg und Umgebung!

Das Kunstfestival „Textile“

 

Die „Textile“ wurde bereits 2015 erfolgreich veranstaltet. Grund genug für die Organisatoren (federführend das „Kulturbüro der Stadt Schmallenberg“ in Zusammenarbeit mit zahlreichen Beteiligten), einen zweiten Anlauf zu starten.

Am 05. Mai wird das Festival offiziell mit einer Kunsttour durch die einzelnen Örtlichkeiten eröffnet. Los geht’s um 15 Uhr in der Kirche in Holthausen, bevor um 17.30 Uhr das „Tipi-Projekt“ in Bad Fredeburg am Musikbildungszentrum und um 19.30 Uhr die Ausstellung „Stoffsuche“ im „kunsthaus alte mühle“ besucht und für die Öffentlichkeit freigegeben werden. An diesem Tag besteht die Möglichkeit, alle Beteiligten kennenzulernen.

Das Festival ist absolut vielseitig aufgestellt und spricht wirklich jeden an, der sich in irgendeiner Form für Stoffe und Fäden interessiert, ganz egal, in welchem Alter. So werden z.B. Werke von Picasso und Beuys ausgestellt, historisches Stickwerk gezeigt, Strumpfstrick-Aktionstage veranstaltet und Vorträge über nachhaltige Textilien gehalten. Das „Zentrum für Budenbau“ (eine wachsende textile Raum-Installation in einem leerstehenden Geschäftslokal) und die „Junge Galerie“ sprechen auch die Jüngsten an. Highlight ist sicherlich das große Mitmach-Fest am 26. und 27. Mai in der Schmallenberger Stadthalle.

 

Im Tipi Textile 2018

 

Bis zum 10. Juni ist die „Textile 2018“ geöffnet, sodass jeder Interessent aus Nah und Fern die Möglichkeit hat, Textiles zu erleben – sei es in den Kunstausstellungen, Gemeinschaftsprojekten, Workshops, Vorträgen oder Mitmach-Festen, die angeboten werden. Einige Angebote sind dabei durchgängig zugänglich, andere an Öffnungs- bzw. Veranstaltungszeiten gebunden (kann der Homepage entnommen werden). Gute Nachricht: Die Planungen für die „Textile 2021“ laufen schon (macht allerdings auch nochmal den organisatorischen Aufwand deutlich…)!

Das „Tipi-Projekt“

 

Die Künstlerin Ute Lennartz-Lembeck schafft inzwischen seit sechs Jahren Tipis aus bunten Quadraten. Das Projekt funktioniert als gemeinschaftliches, friedliches Zeichen für Zusammenhalt, Toleranz, Schutz, Mobilität und Gastfreundschaft weltweit. So standen schon Tipis in Basel und New York, in Taiwan und in Kenia (das steht seit 2015 und ist von der kenianischen Sonne nun völlig verblichen). Und jetzt eben auch im Sauerland! Fast schon ein kleines Jubiläum, denn es ist das 30. „Tipi-Projekt“ der Künstlerin. Während des Gestaltungsprozesses geht besonders darum, das Gefühl der gemeinsamen Verbunden- und Vernetztheit unter den Teilnehmenden zu schaffen. Wie das funktioniert, siehst du jetzt:

Sehr viele helfende Hände werden benötigt, um die zahlreichen bunten Quadrate herzustellen. Ein Tipi besteht aus 1200 Quadraten (insgesamt 15kg Wolle / 300 Wollknäuel); für ein einzelnes Quadrat benötigt man ca. eine halbe Stunde Arbeitszeit – wenn man´s kann. Mach das mal alleine… Dazu kommt, dass rund um Schmallenberg gleich drei Tipis entstehen sollen, was die benötigten Hände logischerweise mit drei multipliziert. Da ist nur allzu verständlich, dass die Skepsis von Frau Wulbeck aus Fleckenberg zunächst groß war, als sie im letzten Winter gefragt wurde, ob sie die Aufgabe der Multiplikatorin für das „Tipi-Projekt“ in Fleckenberg im Zuge der „Textile 2018“ übernehmen wolle. Ihre zunächst vage Zusage wandelte sich nach einem Gespräch mit Anne Möx vom Sozialwerk St. Georg, Koordinatorin der drei „Tipi-Projekte“ rund um Schmallenberg, in Interesse und große Bereitschaft zur Mitarbeit.

 

Tipi Projekt Quadrate

 

Schon bald stellte sie das Projekt verschiedenen Vereinen in Fleckenberg vor. Der Anklang war jeweils so groß, dass schließlich 41 Frauen zusammenkamen, die die 15 x 15cm großen Quadrate („Topflappen“) nach Anleitung in Heimarbeit häkelten und strickten. Besonders wichtig ist dabei die verwendete Wolle: Da das Tipi im Freien steht und somit wetterbeständig sein muss, darf ausschließlich Acrylwolle verwendet werden.

 

Tipi Sauerland

 

In kürzester Zeit landeten die ersten Quadrate in der privaten Sammelstelle von Frau Wulbeck, die sich schon bald kaum noch davor retten konnte. Zu Frühlingsanfang wurden sie dann im „Antoniushaus“ nach Farben sortiert und in zwei Viertelkreise gelegt, sodass die einzelnen Reihen für das Zusammenhäkeln zuhause gebündelt werden konnten. Mitte April fanden dann ganze fünf Treffen statt, um die vorgefertigten Reihen in Form zu legen und mühevoll aneinanderzulegen. Auch in der „Jugendkunstschule Schmallenberg“ und in der Schützenhalle von Kirchrarbach wurde fleißig für die Tipis an den beiden anderen Standorten gearbeitet:

 

Bad Fredeberg NähenKirchrarbach nähen

 

Am vergangenen Montag war es dann endlich so weit: Die Frauen stellten gemeinsam mit der Künstlerin Ute Lennartz-Lembeck und zahlreichen Helfern unter den Augen der Dorfgemeinschaft Fleckenberg das erste „Tipi“ auf.

 

Tipi Lennartz Lembeck

 

Nach tatkräftiger Vollendung konnte beim gemütlichen Beisammensein Richtfest gefeiert werden. Die Aufmerksamkeit war sogar so groß, dass der WDR mit einer Fernsehkamera vor Ort war. Das haben die Fleckenberger sich verdient 😉

 

WDR Tipi Projekt

 

In den nächsten Tagen werden auch an den beiden anderen geplanten Standorten die Tipis aufgestellt, die jeweils auf die gleiche grandiose Art und Weise entstanden sind. Diese bleiben auf unbestimmte Zeit, auch bis über die „Textile 2018“ hinaus, stehen.

 

Tipi Projekt Sauerland

 

Abschließend kannst du noch etwas über Sauerländer lernen, wenn du es nicht sowieso schon wusstest: Wie schon erwähnt, benötigten die Fleckenberger für „ihr“ Tipi 1200 Quadrate. Gemacht haben sie: 2200! Die Spitzenreiterin allein schaffte 250 Stück. Also rund 125 Stunden Handarbeit… Auch in Bad Fredeburg und Kirchrarbach wurde mehr gehäkelt und gestrickt als nötig, sodass nun Mitte Mai ein viertes Tipi mitten in Schmallenberg aufgestellt werden kann. Toll, diese Sauerländer, woll?

 

 

Das Tipi ist ein wahrer Hingucker, klar… Die Idee, die dahintersteckt, finde ich aber mindestens genauso beeindruckend: Jeder leistet einen kleinen Beitrag und durch das Zusammensetzen aller Einzelstücke entsteht etwas ganz Zauberhaftes. Die Menschen werden im wahrsten Sinne des Wortes miteinander „vernetzt“ und schaffen (zunächst) Bleibendes für ihre gemeinsame Ortsmitte. Und ganz wichtig: das bunte Patchwork-Muster erinnert an die wunderbare Vielfalt in unserer Gesellschaft, die im festen Zusammenhalt ein schönes Zuhause – Tipi – bieten kann!

 

Tipi Projekt Dorfgemeinschaft

 

Übrigens: Da ich am Montag arbeiten musste, hätte ich (und somit auch du) ohne den Einsatz meines Vaters auf diese tollen Eindrücke verzichten müssen… Danke, Dai 😉

 

IMG_2985

 

Alle Veranstaltungstermine und -orte der „Textile 2018“ im Überblick auf:

http://www.die-textile-schmallenberg.de

 

 

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