SKY DU MONT LIEST IM SAUERLAND

ODER: DER LETZTE FILM, DAS NÄCHSTE KAPITEL…

Du kennst diese Stimme. Tief, warm, markant – wie ein guter Rotwein oder eine elegante Melodie im Ohr. Du hast ihn gesehen – als Graf, als Gauner, als Gentleman mit schelmischem Blick. Und jetzt steht er plötzlich vor dir, im beschaulichen Wenholthausen, liest aus seinem Buch „Ich freu mich schon auf morgen“ und wirkt so nahbar, wie man es von einem Filmstar gar nicht erwartet. Vor seiner Lesung, die vom „Kulturverein91“ und dem „Tintenfass Eslohe“ veranstaltet wurde, habe ich Sky du Mont zum Interview getroffen. Nicht auf dem roten Teppich, sondern in der Schützenhalle, ganz ohne Allüren. Er spricht über das Älterwerden, sein Karriereende, erste und letzte Filme und darüber, was wirklich zählt, wenn der Applaus leiser wird. Lehn dich zurück, du musst nichts weiter tun, als zu lesen. Und vielleicht denkst du danach ein bisschen anders über das Morgen:

Wir werden alle älter

Herr du Mont, Sie wurden in Argentinien geboren, wuchsen in England auf und leben heute in Deutschland und Niederösterreich. Welches Lebensgefühl prägt Sie am meisten – das südamerikanische Herz, der britische Humor oder die deutsche Disziplin?

Am liebsten habe ich in England gelebt, unter anderem auch, weil ich den Humor sehr mag. Es war eine sehr wichtige Zeit in meinem Leben, ich war pubertierend und jung – das war sozusagen der Start für meinen Humor und vieles mehr… Aber ich lebe auch sehr gern in Deutschland und Österreich!

Seit über 50 Jahren stehen Sie vor der Kamera. Wie hat sich die Arbeit am Set im Laufe der Jahrzehnte verändert?

Es hat sich sehr viel verändert. Die Mikrofone waren früher größer, das Licht war stärker. Damals wurden richtige Scheinwerfer aufgebaut. Heute ist das Technische alles leichter und weniger zeitaufwendig, aber natürlich sind die Dreharbeiten dennoch sehr zeitintensiv. Außerdem haben sich die Drehbücher sehr verändert, sind sehr viel moderner geworden – nicht, weil sie zwanzig, dreißig Jahre später spielen, sondern weil die Reaktionen und Szenen sehr viel knapper geworden sind. Man schneidet heutzutage viel mehr.

Ihre Stimme ist unverkennbar. Wissen Sie noch, wann Ihnen zum ersten Mal bewusst wurde, dass Sie mit einem Satz nicht nur Geschichten erzählen, sondern Räume füllen können?

Interessante Frage, ich habe mir das auch schon einmal überlegt, aber ich weiß ehrlich gesagt gar nicht so genau, wann mir das aufgefallen ist. Das muss relativ früh gewesen sein, da wohnte ich noch in München und fing dort an zu synchronisieren, was ich bis dahin noch gar nicht konnte. Dennoch bekam ich eine Werbegeschichte für die Illustrierte „Quick“, sprach jede Woche zwei bis drei TV-Spots, eine bessere Lehre gibt es nicht!

Heute lesen Sie hier in Wenholthausen aus Ihrem Buch „Ich freu mich schon auf morgen“ – ein augenzwinkernder Blick aufs Älterwerden. Was sagen Sie Menschen, die sich vor Veränderungen fürchten oder glauben: „Dafür bin ich jetzt zu alt“?

Wir werden alle älter, da kannst du nichts machen! Es gibt keine Bremse, es geht immer vorwärts… Das Beste ist, das zu akzeptieren. Ich werde in ein paar Tagen 78, natürlich wäre auch ich gern noch jünger, aber so lange ich noch denken, reden und gehen kann, ist das okay! Und wenn Leute denken, dass sie für irgendetwas zu alt sind, ist das nicht der richtige Ansatz. Denn wofür sollte man zu alt sein, wenn man sich im Rahmen seines Alters bewegt? Man hat ja dann auch Leute in seinem Umfeld, die sich ebenfalls in diesem Rahmen bewegen… Ich weiß ja nicht, aus welcher Altersgruppe das Publikum heute Abend kommt, aber bei der Lesung, die ich kürzlich vor 600 Gästen in Dresden gemacht habe, waren viele ältere Leute, damit meine ich aber auch schon Leute ab 40, und dann versteht man sich. Als ich damals zur Zeit von „Der Schuh des Manitu“ im wunderschönen Prinzregentensaal in München gelesen habe, saßen in den ersten fünf Reihen nur Teenies, weil die mal den „Santa Maria“ sehen wollten. Die waren dann entsetzt, dass ich etwas Anderes lese, nämlich etwas Klassisches, und waren nach der Pause alle verschwunden. Was ich damit sagen will: Man darf nicht etwas von jemandem erwarten, was derjenige nicht bieten kann. Ich kann nicht mehr der Dreißigjährige sein, das bin ich nicht mehr, aber ich bin trotzdem nicht zu alt für das, was im Rahmen meines Alters liegt.

Wenn Sie zurückdenken: Was war schwerer – das Lampenfieber beim ersten Casting oder der Moment, in dem Sie den ersten Satz Ihres ersten Buches geschrieben haben?

Natürlich das erste Casting, weil ich beim Schreiben ja alleine bin. Da muss ich mich für nichts schämen. Diesen ersten Satz habe ich bestimmt dreihundert Mal verändert, das war ein sehr, sehr mühsamer Prozess. Trotzdem habe ich es nicht aufgeben, mein neues Buch „Der nächste Fehler kommt bestimmt“ kommt am 12. August heraus, wenn auch mein letzter Film startet… Der Titel des Buches ist so entstanden: Ich stand auf der Bühne und war sehr sicher, weil ich das Stück schon sehr oft gespielt hatte, und dann lenkte mich etwas so ab, dass ich plötzlich hing. Ich wusste nicht mehr weiter, der Text war einfach weg. Ich habe mich durch meine Routine gerettet, aber es fühlte sich für mich an, als wären es zehn Minuten gewesen – in Wirklichkeit waren es aber nur drei Sekunden, das Publikum hat es nicht mal bemerkt. Wir alle machen Fehler, zum Beispiel beim Autofahren, sind kurz abgelenkt und dann ist es passiert. Der nächste Fehler kommt, und dessen muss man sich bewusst sein. Man darf sich nie zu sicher sein!

Wenn Ihr Leben ein Buch wäre: Welches Kapitel wäre besonders lesenswert – und warum?

Das müssen eigentlich andere beurteilen, was lesenswert wäre… Aber wenn ich nun schon gefragt werde, würde ich sagen, dass es die letzten zehn Jahre sind, wo ich älter und sicherer wurde. Ich war immer sehr unsicher, wurde von Regisseuren nicht besonders nett behandelt, bekam immer schreckliche Rollen, immer nur die Bösewichte, worunter ich schon gelitten habe. Ich habe 21 Mal im „Derrick“ gespielt, war immer der Mörder, das ist nicht schön, weil man sich irgendwann fragt, warum die Menschen einen so sehen. Ich bin doch gar nicht so. Und währenddessen haben die Kollegen die sympathischen Rollen gespielt, waren aber im echten Leben gar nicht so wahnsinnig nett… Und mit dem Älterwerden wurde ich dann immer sicherer, deswegen ist das für mich die schönste Zeit.

So viele Talente, so viele Ausdrucksformen… Gibt es etwas, das Sie bis heute nicht beherrschen, aber vielleicht heimlich bewundern?

Ja, tatsächlich, ich würde gern ein Instrument spielen können. Ich liebe klassische Musik und ich gehe so gern ins Konzert, mein größter Wunsch war immer, der Geiger in einem Symphonie-Orchester zu sein. Wirklich wahr! Das ist unfassbar, du sitzt da mit 20, 30 Leuten und spielst so schöne Musik, da bekomme ich Gänsehaut. Aber die Begabung habe ich leider nicht.

Im März haben Sie das Ende Ihrer Filmkarriere bekanntgegeben. Was hat Sie zu diesem Schritt bewegt?

Das ist ganz einfach: Ich wollte nie mehr auf ein Dixi-Klo gehen, ich wollte nie mehr in einem Smoking in einem Wohnwagen sitzen und stundenlang warten, bis ich so müde bin, dass ich meinen Text schon fast vergessen habe, und dann plötzlich der Aufnahmeleiter die Tür aufreißt und es ganz schnell gehen muss. Dann gehst du raus und musst auf den Punkt da sein. Das möchte ich nicht mehr. Und mein Beruf ist wirklich so, das ist nicht übertrieben – jetzt darf ich das ja sagen…

Was dürfen wir von Ihrem letzten Film „Das Kanu des Manitu“, der im August erscheint, erwarten?

Dazu darf ich tatsächlich nur sehr wenig sagen. Nur so viel: Ich spiele dieses Mal eine kleinere Rolle, aber es freut mich, dass der „Santa Maria“ wieder erscheinen darf. Bully ist ein guter Freund von mir, und ich war gern wieder dabei!

Welche Filme schauen Sie selbst am liebsten – eher große Klassiker, feine Komödien oder etwas ganz anderes? Und sehen Sie sich eigentlich auch Ihre eigenen Filme an?

Meine eigenen Filme schaue ich an, weil ich es kontrollieren will. Das ist wahrscheinlich in jedem Beruf so, man lernt nie aus, sieht eigene Fehler und macht es bei nächsten Mal besser. Manchmal schäme ich mich ein bisschen, manchmal bin ich aber auch ganz zufrieden… Ansonsten schaue ich gern Komödien. Krimis mag ich nicht so gerne und wundere mich ein bisschen, warum im deutschen Fernsehen ununterbrochen Krimis laufen.

Was ist der größte Unterschied zwischen dem Sky du Mont auf der Leinwand und dem, den nur Ihre engsten Freunde kennen?

Das ist ein großer Unterschied! Ich bin nicht sehr gern in der Öffentlichkeit. Ich habe es gelernt, mit der Öffentlichkeit umzugehen, denn das gehört dazu, aber ich schäme mich zum Beispiel, wenn Leute ein Autogramm von mir haben möchten, um es mal ganz ehrlich zu sagen. Ich habe nichts Großartiges erfunden, ich habe niemandem das Leben gerettet – es gibt Ärzte, es gibt Chemiker, es gibt Leute, die die Welt retten. Was machen wir Schauspieler schon? Ich bewerte diesen Beruf nicht über, und ich bin wirklich froh, dass ich jetzt gesagt habe, dass Schluss ist.

Waren Sie schon einmal im Sauerland oder ist diese Lesung eine Premiere? Und wie ist Ihr Eindruck von der Region?

Ich bin schon oft auf der Autobahn an den „Kasseler Bergen“ vorbeigefahren und wollte immer mal hierher kommen, heute ist es endlich so weit. Und ich finde es wirklich wunderschön! Das Gelb der Felder, die Landschaft; ich wollte erst anhalten und das fotografieren, aber hinter mir war ein Lastwagen. Besonders diese Hügel machen den Reiz aus, in Hamburg ist alles platt.

Und Hand aufs Herz: Sky du Mont beim Wandern durchs Rothaargebirge – realistisch oder reine Filmfantasie?

Das ist nicht realistisch. Ich bin kein Wanderer, musste das als Kind immer machen. Aber das liegt wirklich nicht am Sauerland, das würde ich auch anderswo nicht machen.

Wenn ein Mann wie Sky du Mont auf der Bühne steht, lauschst du nicht nur seiner Stimme – du folgst seinen Gedanken, seinem Witz, seinem feinen Blick auf das Leben. Zwischen Leichtigkeit und Lebensbilanz hat er in Wenholthausen nicht nur aus seinem Buch gelesen, sondern auch ein Stück von sich selbst preisgegeben. Und du merkst schnell: Hier sitzt kein Schauspieler mehr in einer Rolle, sondern ein Mensch, der viel erlebt hat, viel zu sagen hat und das Rampenlicht heute nicht mehr braucht, um zu glänzen. Schön, dass du dabei warst. Oder vielleicht bald dabei bist – beim nächsten Kapitel.

Ganz lieben Dank an den „Kulturverein91“ und insbesondere Reinhold Hesse vom „Tintenfass Eslohe“ für die wunderbare Betreuung!

https://skydumont.com/

https://www.instagram.com/sky_du_mont/

Die Fotos mit Ausnahme des Titelbildes und den Bildern von der Lesung in Wenholthausen wurden mit freundlicher Unterstützung von Sky du Mont zur Verfügung gestellt.

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