VORHANG AUF FÜR DIE „MARIONETTENBÜHNE MUMMENSCHANZ“

ODER: AM SEIDENEN FADEN…

Du starrst gebannt auf die Bühne, bist mittendrin im Stück, fieberst mit den Charakteren mit und teilst ihre Emotionen – doch seltsamerweise sind es keine Menschen, die dich hier zum Lachen oder sogar zum Weinen bringen, sondern Figuren aus Gips, Holz und Stoff. Wie kann es sein, dass solch einfache Materialien dich derart verzaubern? Das Geheimnis liegt in der unglaublichen Liebe zum Detail, die Andreas Ermster und seine Mitspieler von der „Marionettenbühne Mummenschanz“ in Altena in ihre Arbeit stecken und damit ihre kleinen Freunde tatsächlich zum Leben erwecken:

Zum Leben erweckt

Die magische Verwandlung von leblosen Objekten in schwungvolle Wesen, die Vielfalt der Darstellungsmöglichkeiten, die kreative Handwerkskunst – was genau Andreas Ermster schon in jungen Jahren so sehr am Marionettenspiel faszinierte, weiß er gar nicht mehr genau, fest steht allerdings, dass ihn dieser Zauber sein Leben lang fesseln sollte… Aufgewachsen in Franken, nicht allzu weit von der berühmten „Augsburger Puppenkiste“ entfernt, schnitzte er schon früh seine erste Marionette.

Sein Vater unterstützte ihn dabei, baute einen Kaufladen zu einer kleinen Bühne um, mit der Andreas an seiner Schule auftrat – eine Erfahrung, die der studierte Theologe auch viele Jahre später an seine eigenen Kinder weitergeben wollte. Die ersten Versuche wollten nicht so recht funktionieren, doch Andreas Ermster ließ nicht locker, perfektionierte seinen Marionettenbau immer weiter, bekam dann mit seiner Familie sogar sein eigenes Fernsehformat: Für den christlichen Sender „ERF“ spielten sie regelmäßig das „SchlafSchaf TV“ – dreiminütige Sequenzen, die aber jeweils einen kompletten Drehtag in Anspruch nahmen; vom Marionettenbau mal ganz zu schweigen…

Inzwischen war Andreas Ermster nach Lüdenscheid umgezogen, durch die Reaktionen der Menschen dort bekam er immer mehr mit, dass sein Hobby etwas wirklich Außergewöhnliches war. Sie mit seinen Stücken zu begeistern, besonders die Kinder in die wundervolle Welt des Marionettentheaters zu entführen, das war Motivation genug, nach Feierabend und an den Wochenenden in seiner Werkstatt an neuen Figuren zu arbeiten.

Und die würde er bald auch brauchen, denn er hatte einen Traum: Eine feste Bühne und leidenschaftliche Mitspieler sollten dafür sorgen, dass seine Marionetten ein noch größeres Publikum in ihren Bann ziehen konnten. 2008 rief er das „Marionettentheater Mummenschanz“ ins Leben, 2016 gründete er den gleichnamigen Verein.

Wie es zu dem Namen kam? Das Wort „Mummenschanz“ stammt aus dem Mittelalter und bedeutet so viel wie Gaukler, Maskerade oder Verkleidung. Und das passt gleich doppelt, denn inzwischen ist Andreas Ermster aus beruflichen Gründen nach Altena gezogen – die Stadt, über der seit Beginn des 12. Jahrhunderts die Burg Altena thront. Hier arbeitet er bei der Kreisverwaltung des Märkischen Kreises und hat in einem erhabenen Haus an der Bismarckstraße den idealen Standort für seine Werkstatt gefunden, selbstverständlich mit Blick auf die Burg!

Und wie genau er hinter den dicken Mauern Gips, Holz und Stoff zum Leben erweckt, erfährst du jetzt:

Tauche ein in die magische Welt

Was war zuerst, die Marionette oder das Stück? Historisch kann ich dir das nicht beantworten, im Fall der „Marionettenbühne Mummenschanz“ hingegen schon: Am Anfang steht immer das Stück, das zur Aufführung gebracht werden soll, erst dann macht sich Andreas Ermster Gedanken darum, welche Rollen er hierfür braucht und wie die Figuren aussehen sollen. Inspiration dazu findet er im Alltag – erst neulich entdeckte er an der Supermarkt-Kasse einen Mann, der – ohne sein Wissen, versteht sich – als Modell für eine Marionette dienen sollte…

Wenn Andreas erst einmal eine Idee hat, gibt es kein Halten mehr: Ab in die Werkstatt und die Kreativität einfach fließen lassen – eine Vorlage oder Skizze gibt es nicht, alles entsteht zunächst nur in seinem Kopf. Aus Gips werden die Köpfe modelliert, mit Ölfarbe bemalt und mit Glasaugen versehen, bevor der Marionettenbauer die Körper aus Holz fertigt. Viele Glieder sind hierzu nötig, schließlich soll die Figur sich lebensecht bewegen können!

Anschließend dienen oftmals Nylonstrümpfe dazu, Watte oder Stoffreste am Rumpf zu befestigen, denn die Marionetten sollen ja auch ein bisschen was auf die Rippen bekommen. Das ist allerdings nachher nicht mehr zu sehen, weil jede einzelne Figur ihre individuelle Kleidung bekommt – selbstverständlich näht Andreas Ermster die auch selbst. Wenn alles fertig ist, kommt der seidene Faden – eine Angelschnur – zum Einsatz, mit der die Marionette am Spielkreuz befestigt wird. Je nach Größe der Figur werden mindestens neun Fäden benötigt, damit alles an ihr beweglich ist…

Zwei Wochen dauert es, bis eine Marionette fertig ist, und das, obwohl Andreas Ermster wirklich jede freie Minute in der Werkstatt bringt – einen Fernseher hat er nicht und seine Couch ist oftmals verwaist. Denn selbst wenn alle Charaktere fertig sind, ist die Arbeit längst noch nicht getan: Auch der Bühnenbau erfordert jede Menge handwerkliches Geschick, für die Abenteuer des Robinson Crusoe beispielweise hat Andreas eigens ein ganzes Schiff gebaut. Hierbei durften ausnahmsweise auch mal andere Hände zum Einsatz kommen – ein befreundeter Schreiner half ihm beim Schneiden und Verleimen der Teile, ein anderer drechselte die Stäbe für die Reling.

Und damit das Stück dann auch wirklich auf die Bühne kommen kann, braucht es jede Menge weitere Unterstützung: Bühnenbau, Licht- und Tontechnik und natürlich das Spielen der Marionetten – all das wird mithilfe des „Marionettenbühne Mummenschanz e.V“ gewuppt. Mittlerweile besteht der Verein aus acht Mitgliedern, ist aber ständig auf der Suche nach neuen Gesichtern. Denn nur so kann ein Spieler-Pool aufgebaut werden, der noch mehr Vorstellungen ermöglicht – wenn du also etwas Feinmotorik und ganz viel Leidenschaft fürs Theater mitbringst, so darfst du gern schon ganz bald deine eigene Marionette spielen!

Seit Juni haben Andreas und seine Mitspieler nun endlich ein eigenes Vereinslokal; in einem ehemaligen Schuhgeschäft an der Lennestraße wird gemeinsam geprobt, im Anschluss kann alles an Ort und Stelle stehen bleiben – eine echte Erleichterung! Aufführungen finden nicht nur in Altena statt, mit der mobilen Bühne sind die Marionettenfreunde in der gesamten Umgebung unterwegs, doch sowohl die Burg Altena als besonders auch die Burg Holtzbrinck an der Kirchstraße bieten ein ganz besonderes Ambiente für die unterschiedlichen Stücke.

Genau deswegen wird das neue Stück „Lustige Weiber von Altena“ auch hier am 23.11.2024 um 19 Uhr seine Premiere feiern. Es ist mit einer Länge von zwei Stunden und 22 eingesetzten Marionetten plus Katze das bisher größte Stück der „Marionettenbühne Mummenschanz“. Die musikalische Liebeskomödie spielt kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg; im Kreisarchiv wurde eingehend recherchiert, wie es damals in Altena aussah und wer dort lebte. Das begleitende Hörspiel wurde bereits von Moderatoren von „Radio MK“ eingesprochen, die Proben laufen, Andreas arbeitet noch an den letzten Figuren – ein Spektakel, dass du dir auf keinen Fall entgehen lassen solltest (Tickets gibt es hier).

Während „Lustige Weiber von Altena“ eher Erwachsene anspricht, richtet sich der „Zauberlehrling Leopold“, der am 21.09.2024 im Haus Nachrodt in Nachrodt-Wiblingwerde zur Aufführung gebracht wird, speziell an Kinder. Wenn du dir das nicht entgehen lassen möchtest, kannst du hierfür Tickets unter 0152/21938195 reservieren.

Und wie könnte es auch anders sein: Während die Premiere des einen Stückes noch nicht mal in greifbare Nähe gerückt ist, denkt Andreas Ermster schon wieder über das nächste nach. Dieses Mal soll es ein Krimi werden – die magische Welt der Marionetten kennt eben keine Grenzen…

Marionettenbühne Mummenschanz e. V., Andreas Ermster, Bismarckstraße 28, 58762 Altena

https://www.marionettenbuehne-mummenschanz.de/

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